GEHT’S NOCH?
: Mehr Miete, mehr! Schleichend!

MIETPREISBREMSE? NICHT MIT UNS: IN STUTTGART FORDERT EIN LOBBYIST DAZU AUF, JA KEINEN CENT LIEGEN ZU LASSEN

Es ist immer schön, wenn sich jemand selbst enttarnt. Weil er im Eifer zu viel sagt. Und über seine eigenen Worte stolpert. Hier ist so ein zu viel, wenn auch nicht so sehr im Eifer gesagter Satz: „Versuchen Sie, Mieten schleichend in kleinen Schritten zu erhöhen.“ Der Hauptgeschäftsführer des Vermietervereins Haus & Grund Deutschland, Kai Warnecke, hat ihn gesagt, wegen der bevorstehenden Mietpreisbremse, in Stuttgart, vor rund 1.000 Immobilienbesitzern.

In Stuttgart, wo die Miete pro Quadratmeter mit an der Bundesspitze liegt. Wo Eigentümer laut Mietverein schon bis zu 40 Prozent mehr als die Vergleichsmiete kassieren. Genau dort sollen die Haus- und Grundbesitzer in die Hände spucken und ihren Dagobert’schen Geldspeicher noch einmal auffüllen, bevor die vier schlechten Jahre der Großen Koalition auf sie hereinbrechen? Geht’s noch raffgieriger?

Die Mietpreisbremse beschränkt allein die Mieterhöhungsmöglichkeiten. Welchen Teil des Wortes Miet-erhöhungs-möglichkeit hat Haus & Grund nicht verstanden? Den Vermietern wird nichts genommen. Sie werden nur an die Leine gelegt, genau wie gierige Banker – weil sie sonst wie die Hunde den Letzten beißen: denjenigen, der eine Mietsteigerung um 15 Prozent, auch über vier Jahre verteilt, kaum zahlen kann; den, dessen Lohn nicht ansatzweise in diesem Tempo mitwächst; den, der für den Exzess der Gierigen blechen soll.

Pädagogisch gesehen lernt man aber durch Selbsterfahrung besser als durch Zwang (Hundeleine). In Stuttgart wird ein Randaspekt der Mietpreisbremse die beste Wirkung entfalten: Vermieter müssen ihren Makler künftig selbst bezahlen. Bevor der schwäbische Häuslebesitzer aber einen anderen dafür bezahlt, einen Samstag lang dumm in seiner zu vermietenden Wohnung herumzustehen, wird er eine Kleinanzeige schalten und die Interessenten selbst herumführen. Mit freundlichen Mietern ziehen dann auch die Skrupel ein, sie auszunehmen. Sollen die Fürsprecher der Vermieter doch den Teufel an die Wand malen: Am Ende stehen sie nur sich selbst gegenüber. LENA MÜSSIGMANN