: „Unverschämt, brutal, respektlos“
NACHSPIEL Beim Sieg des SC Freiburg über Nürnberg zeigen beide Teams, wie ansehnlich der Abstiegskampf sein kann. Doch am Ende redet alle Welt nur über Klub-Trainer Verbeeks Wut auf den Kollegen Christian Streich
GERTJAN VERBEEK KANN CHRISTIAN STREICH NICHT LEIDEN
AUS FREIBURG CHRISTOPH RUF
Julian Schuster war in dieser Saison nicht immer in der ersten Elf, aber der Kopf der Mannschaft ist Freiburgs Kapitän immer geblieben. Kein Wunder also, dass der 29 Jahre alte Mittelfeldspieler nach dem 3:2-Erfolg seines Teams über den 1. FC Nürnberg auf die Euphoriebremse trat. „Natürlich können wir stolz auf uns sein“, sagte er nach dem dritten Sieg im vierten Spiel. „Aber wenn wir nur ein kleines bisschen nachlassen, steigen wir ab.“
Das mag sein, allerdings spielte der SC Freiburg so stark, dass sich derzeit eher die Abstiegs-Konkurrenten aus Braunschweig, Hamburg, Bremen oder Stuttgart sorgen müssen. Dass die Zuschauer am Samstagabend in Freiburg ein Spiel gesehen haben, das an Dramatik, Spannung und Klasse nur schwer zu überbieten sein wird, das lag auch an einer Nürnberger Mannschaft, die mutig und gekonnt nach vorne spielte und einige hervorragende Individualisten in ihren Reihen hat. Beide Mannschaften spielten bedingungslos auf Sieg und boten den Fans so ein Spektakel, das man getrost als fantastisch bezeichnen kann. Das Resultat waren jede Menge gelungene Kombinationen auf beiden Seiten und eine riesige Zahl bester Torchancen. Da Freiburg allerdings deutlich mehr davon hatte und vor allem den zweiten Durchgang dominierte, ging der 3:2-Sieg nach Toren von Pavel Krmas (23.), Admir Mehmedi (53.) und Felix Klaus (65.) letztlich in Ordnung. Emanuel Pogatetz (7.) und Josip Drmic (45.) hatten den Gast zuvor zweimal in Front gebracht. „Ein tolles Spiel“, hatte dann auch SC-Coach Christian Streich gesehen. „Wenn zwei Mannschaften, die dermaßen unter Druck stehen, so Fußball spielen, ist das sehr positiv.“ Beim Klub, der nun wieder ganz weit unten steht in der Tabelle, wollen sie trotz aller Abstiegsängste die offensive Spielweise unbedingt beibehalten: „Wir werden weiter nach vorne spielen“, kündigte Verteidiger Marvin Plattenhardt an.
Bleibt zu hoffen, dass die Leistungen der Nürnberger Spieler beim Heimspiel gegen Mönchengladbach am Samstag dann nicht von so vielen Nebengeräuschen begleitet werden wie in Freiburg. Dort überfielen Nürnberger Ultras vor dem Spiel das Freiburger Fanprojekt. Nach dem Spiel schlichen sich zwei von ihnen in die Pressekonferenz ein und wünschten den Gastgebern den Abstieg.
Die Offiziellen auf beiden Seiten diskutierten zu diesem Zeitpunkt sowieso längst das Verhalten der jeweils anderen Seite. Schließlich hatte Nürnbergs Trainer Gertjan Verbeek im Spielfeldrandinterview mit dem TV-Sender Sky seinem Frust freien Lauf gelassen, über seinen Trainerkollegen Streich kräftig abgelästert und den Boykott der Pressekonferenz verkündet. „Ich setze mich nicht neben diesen Mann. Das ist unverschämt, wie man hier empfangen wird.“ Streich habe ihn zudem „beschimpft“, fuhr er fort. „Das ist unverschämt, brutal und respektlos.“ Der SC-Coach, der schon des öfteren mit Trainern der gegnerischen Teams aneinandergeraten ist, wiederum schwor Stein und Bein („unerklärlich“, „Wahnsinn“), dass er den Kollegen nicht beleidigt habe. „Ich bin sicher emotional und rufe schon mal Foul. Aber ich beleidige doch keinen Kollegen.“
Der Wortlaut etwaiger Verbalinjurien war dann auch im Nürnberger Lager niemandem erinnerlich, und auch der vierte Offizielle, der zwischen den beiden Trainern gestanden hatte, scheint nichts dergleichen wahrgenommen zu haben. Verbeek soll es indes als unhöflich empfunden haben, dass sein Kollege jeden Pfiff des Referees, der zugunsten der Nürnberger ausfiel, wütend in seine Richtung kommentiert hat. „Wie ein Verrückter hat er agiert, bei jedem Mal, wenn etwas passiert ist.“
Auch mit Schiedsrichter Jochen Drees ging Verbeek hart ins Gericht. „Wir haben fast die ganze Zeit gegen zwölf Mann gespielt.“ Das war gewiss deutlich übertrieben. Dass Nürnbergs Emanuel Pogatetz in der Nachspielzeit die gelb-rote Karte sah, war allerdings tatsächlich eine Fehlentscheidung.