Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt

Politisch mag Multikulti ja „gescheitert“ (Angela Merkel) oder gleich schon „tot“ (Horst Seehofer) sein, wie das gerade von interessierter Seite aus beschlossen wurde. Musikalisch aber heißt das wenig, weil sich da immer genug an rauschebärtigen amerikanischen Indienverehrern, Brasilianern mit einem Kraftwerk-Tick und anglophile Franzosen ganz ohne Musette-Sehnsüchte in der Stadt herumtreiben für die multikulturelle Praxis. Oder gleich so ausgemachte Schummelungarn wie The Great Bertholinis, die aber trotzdem aus Nürnberg kommen und einen Puzsta-Indiepop machen mit einem schräg angegangenen Balkangebläse, was besonders live eine sehr charmante Musik ist, für die man gern mal wieder das schöne Adjektiv „schmissig“ ausgraben möchte. Sie spielen heute Abend im Roten Salon, wo dazu The Miserable Rich aus Brighton mit einem hübschen Kammermusik-Folk, My Sister Grenadine und Kenneth Minor den Abend zu einem längeren machen. Am Samstag die Brasilianer: Seu Jorge & Almaz im Huxleys. Ist Calexico-Gitarrenstimmung mit einem Bossa-Gefühl. Oder Psychedelic-Soul. Metaphorisch jedenfalls also schwarze Sonnenbrille, und zwar nicht die für den Strand, sondern die für den Kellerclub. Dazu kommt eben noch ein wenig Kraftwerk, die die Band mit einer „The Model“-Version im Programm haben. Sonntag: Terry Riley. Der Meister der Wegtretmusik mit flirrenden Orgelmantras, Minimal-Music-Meditationen, sanftmütigen Repetitionsmonstern. Das Leben ist ein langer und sacht strudelnder musikalischer Fluss. Mittlerweile 75-jährig, ist Terry Riley im Vergleich zum new-ageigen Philip Glass noch der gute Oldschool-Hippie, der im Haus der Kulturen der Welt mit dem Tabla-Spieler Talvin Singh und dem Saxofonisten George Brooks den Austausch zwischen indischen Ragas, Jazz und Minimal Music befördern wird. Schließlich am Mittwoch Syd Matters im Privatclub unter dem Weltrestaurant Markthalle: Dieses Quintett aus Paris kennt schön vertrackte Poplieder, die aber gar nicht ausgetüftelt klingen, sondern unbeschwert fröhlich daherkommen wie Folksongs. Also kein verschraubter Progrock, sondern genau das zu Herzen genommen, was der Bandname doch sagen will: Syd Matters. Syd bedeutet was. Syd geht uns an. Und das ist natürlich der Syd Barrett. Der von Pink Floyd, am Anfang, als die noch eine fröhlich experimentierende Popband mit so tollen Liedern wie „Arnold Layne“ waren.

■ The Great Bertholinis u. a.: Roter Salon, Fr, 20.30 Uhr

■ Seu Jorge & Almaz: Huxleys, Sa, 22 Uhr. VVK: 25 €

■ Terry Riley: Haus der Kulturen der Welt, So, 20 Uhr. 25–35 €

■ Syd Matters: Privatclub, Mi, 21 Uhr. 12 €