: Fußfessel statt Gefängniszelle
FLÜCHTLINGE Schleswig-Holsteins Landesbeirat kritisiert Abschiebehaft und freut sich über entsprechende Äußerungen des Innenministers. Dessen Ideen für Alternativen zur Zelle wiederum stoßen auf Kritik
Traumatisierte Flüchtlinge sollten in Schleswig-Holstein nicht mehr in Abschiebehaft genommen werden. Das forderte der Landesbeirat für den Vollzug der Abschiebehaft gestern in Kiel. Ein Gefängnisaufenthalt verstärke die psychischen Belastungen weiter. Abschiebehäftlinge müssten deshalb vor Haftantritt umfassend psychologisch untersucht werden, forderte der Psychologe Hajo Engbers.
Bei der Vorstellung des Beirats-Jahresberichts 2013 begrüßte Joachim Haeger, der Vorsitzende des Gremiums, ausdrücklich die jüngst von Innenminister Andreas Breitner (SPD) geäußerte Einschätzung, die Landesregierung halte „Abschiebehaft für inhuman“.
„Dass ein amtierender Minister etwas als ,inhuman‘ qualifiziert, wofür er selbst Verantwortung trägt, dürfte ein einmaliger Vorgang sein“, sagte Haeger. Der Beirat erkenne in Breitners Aussage einen „Befreiungsschlag in einem Politikfeld, in dem es jahrzehntelang nicht möglich war, auch nur Ansätze einer politischen Diskussion zu entwickeln“.
Dem Beirat zufolge ist Abschiebehaft mit ständigen Menschenrechtsverletzungen verbunden. So sei ein Mann daran gehindert worden, seinen kranken Vater zu besuchen, ein anderer habe nicht an der Beerdigung seiner Mutter teilnehmen dürfen. Männer habe man von ihren Frauen getrennt, Väter von ihren Kindern.
Dass die Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW Alternativen vorschlage – etwa eine Beratung zur freiwilligen Ausreise, aber auch eine elektronische Überwachung –, weise zwar „in die richtige Richtung“. Jedoch blieben solche Vorschläge weit hinter dem Ziel zurück, „dass sich Flüchtlinge im gesamten europäischen Raum frei bewegen und das Land aussuchen dürfen, in dem sie ein Asylverfahren betreiben möchten“.
Auch für den Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein bleiben die Vorschläge der Landesregierung weit hinter den Erwartungen zurück. So schließe das Ministerium die von Menschenrechtsorganisationen kritisierte „elektronische Fußfessel“ nicht aus, bemängelte Flüchtlingsratsgeschäftsführer Martin Link. Da gerieten die betroffenen Flüchtlinge „allenfalls vom Regen in die administrative Traufe“. KVA