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Archiv-Artikel

„Zu reeller Politik nichts beizutragen“

Nach dem Programmkonvent mit der WASG kritisiert der PDS-Fusionsbeauftragte Ramelow die Linken beider Parteien

taz: Herr Ramelow, auf einem Konvent von Linkspartei und WASG haben Sie am Wochenende in Hannover über ein gemeinsames Programm gestritten. Mal ehrlich: Mehr als ein Austausch vager Vorstellungen kam dabei nicht heraus, oder?

Bodo Ramelow: Wir haben die gemeinsamen Eckpunkte bewusst weit gefasst, um noch Raum für die Diskussion zu lassen. Wir brauchen solche Eckpunkte, weil das Parteienrecht sie für eine Parteibildung vorschreibt. Die Programmdebatte selbst beginnt aber erst nach der Fusion im Sommer 2007.

Die WASG lehnt die PDS-Theorie von „Freiheitsgütern“, zu denen alle Menschen gleichen Zugang haben sollen, ab. Was wird nach der Fusion von der PDS noch übrig sein?

Besonders die WASG-Kollegen aus dem Gewerkschaftsmilieu misstrauen dem Gedanken der Eigenverantwortung. Viele Westdeutsche haben nach dem Untergang der DDR nicht gemerkt, dass auch die alte BRD Vergangenheit ist. Sie träumen noch immer von Flächentarifverträgen. Die befürworte ich auch – aber in einer Welt, in der viele Menschen nicht mehr nach Tarif bezahlt werden, muss sich auch die Linkspartei der Realität stellen und neu nachdenken.

Dennoch hat Ihre Partei Grundlinien aufgegeben. Und das für die Fusion mit einem Partner, den man freundlich als zerstrittene Splittergruppe umschreiben könnte …

… wir haben die Punkte nicht aufgegeben. In der Programmdebatte nach der Fusion werden sie wieder auftauchen.

Auf dem Konvent wurde viel über die Regierungsbeteiligung in Berlin geschimpft. Dazu, dass die Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern wieder in der Opposition sitzt, sagte aber niemand etwas. Warum?

Einige Vertreter der sogenannten antikapitalistischen Linken haben zu reeller Politik nichts beizutragen. Deren Meinung ist wohl, dass wir so lange in der Opposition bleiben sollen, bis sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland von allein geändert haben. Fundamentalopposition bedeutet den Rückzug aus der Politik.

Bei den Fusionsverhandlungen werfen Ihnen WASG-Politiker autoritären Stil vor. Haben Sie vor, daran etwas zu ändern?

Ich habe in der Partei eine gewisse Autorität, die setze ich auch ein. Ich bin nicht unverbindlich, sondern stehe für verlässliche Standpunkte. Wenn Sie das autoritär nennen, dann werden Sie mich auch künftig so erleben.

Sind die Fusionskritiker geschwächt, nachdem die Vereinigungsgegner von der Berliner WASG bei der Wahl schlecht abgeschnitten haben?

Die Wahlergebnisse haben gezeigt, dass eine zerstrittene Linke nicht attraktiv ist. Insofern wurde die ganze Idee einer gesamtdeutschen linken Partei geschwächt. Das betrifft uns alle, nicht nur die Fusionsgegner.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ