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Archiv-Artikel

Landluft macht neugierig

Karsten Wittke und seine Familie haben sich in Baruth niedergelassen. Sogenannte Raumpioniere wie er, so hoffen viele, tragen dazu bei, dass aus schrumpfenden Regionen keine kulturellen Wüsten werden. Aber was sagt er selbst?

taz: Herr Wittke, sind Sie ein Raumpionier?

Karsten Wittke: Dem Begriff nach schon, vom Gefühl her nicht.

Was sagt denn Ihr Gefühl?

Ein Pionier kolonisiert Land. Ich sehe mich oder uns eher als Neugierige, als Spurensucher. Als wir vor zehn Jahren nach Baruth gekommen sind, fanden wir dort keine kulturelle Wüste vor. Es waren vielfältige Spuren fast versunkener Kultur auffindbar. Wir haben diese Spuren mit unseren Ideen gemischt und Dinge wieder zum Sprechen gebracht.

Mit Gleichgesinnten haben Sie das Institut zur Entwicklung des kulturellen Raums, kurz I-KU, gegründet. Was muss man sich darunter vorstellen?

Einen Zusammenschluss von Leuten verschiedener Herkunft, also Architekten, Landschaftsarchitekten, Geografen, Medienleute, Kunsthistoriker, Künstler. Unser Ansatz ist ein interdisziplinärer, und der macht das Besondere in unseren Projekten aus.

Zum Beispiel den Stadtpfad in Baruth.

Da ging es darum, die historischen Spuren der Stadt nach der fast vollständigen Zerstörung 1945 kenntlich zu machen. Da ist ja vieles verloren gegangen, auch viel Erinnerung.

Sie arbeiten mit der Stadtverwaltung in Baruth hervorragend zusammen, wie auch die gemeinsame Kulturland-Tagung am Tag der deutschen Einheit gezeigt hat. Ist das eher die Ausnahme oder die Regel bei solchen Initiativen?

Bei der Tagung waren unser Ortsbürgermeister und unsere Baudezernentin dabei. Wir haben schon sehr viel Glück, dass unsere Arbeit auf dieses Interesse stößt, allerdings binden wir die Menschen vor Ort entsprechend ein. Das ist wohl eher die Ausnahme.

Konflikte gibt es bei Initiativen wie der Ihren ja nicht nur mit Stadtverwaltungen, sondern oft auch mit den Alteingesessenen. Gab es die bei Ihnen auch? Oder sind Sie mit offenen Armen empfangen worden?

Ich sag es mal so: Am Anfang waren die Arme verschränkt, dann haben sie sich immer weiter geöffnet. Das hat auch damit zu tun, wie ernsthaft man sich auf den Ort einlässt. Bei uns gehen die Kinder in Baruth in die Schule, wir sind in Vereinen aktiv.

Ihren alten Wohnsitz in Berlin-Kreuzberg haben Sie aber behalten.

Als Selbständiger bin ich viel unterwegs, da spielt es keine Rolle, dass wir in Kreuzberg noch ein Spielbein haben. Interessant ist aber der Gegensatz. Hier die Hektik der Großstadt, dort die ländliche Abgeschiedenheit.

Sie sind nun seit über zehn Jahren in Baruth. Was wünschen Sie sich für die nächsten zehn Jahre?

Eine kontinuierliche Weiterentwicklung der von uns angestoßenen Projekte, wie der Bau zeitgenössischer Brücken in unserem Lennépark. Mit unserem aktuellsten Projekt, der Wiederbelebung der Baruther Weinbautradition und der Anlage eines Weinbergs im Winterhalbjahr, hoffen wir, Sie in zehn Jahren bei einem Glas Rotwein wieder in Baruth begrüßen zu können.

Interview: Uwe Rada