Grüne jobbt schwarz

Grüne Ex-Landtagsvizepräsidentin Edith Müller arbeitet für Hessens CDU-Regierung. Auf ein NRW-Landtagsmandat hatte sie aus „Gesundheitsgründen“ verzichtet. Grüne Landeschefin tritt nach

VON MARTIN TEIGELER

Eine grüne Spitzenpolitikerin wechselt zur schwarzen Landesregierung von Roland Koch. Die frühere Landtagsvizepräsidentin Edith Müller hätte eigentlich für Ex-NRW-Sportminister Michael Vesper ins Düsseldorfer Parlament nachrücken sollen – doch statt dessen zieht die 57-Jährige einen Job in der hessischen Landesvertretung in Berlin vor. „Ich möchte dazu nichts sagen“, so Müller gestern zur taz. Die Landesvertretung macht in der Bundeshauptstadt Lobbyarbeit für die Politik von CDU-Ministerpräsident Roland Koch.

Müller war bei der letzten NRW-Landtagswahl 2005 nicht wieder gewählt worden. „Aus gesundheitlichen Gründen“ verzichtete sie vor zwei Wochen auch darauf, als Nachrückerin ein Landtagsmandat anzunehmen. „Mit Wehmut, aber auch mit einem guten inneren Gefühl verabschiede ich mich von Dir und der Fraktion“, schrieb Müller an die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann. Wegen des Wechsels von Michael Vesper zum Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) war ein Platz in der grünen Fraktion frei geworden – den nimmt nun der Bochumer Ewald Groth ein (taz berichtete).

Den neuen Job der Ex-Finanzpolitikerin wollte die grüne NRW-Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger gestern nicht kommentieren. „Edith Müller war mit ihrer Haushalts- und Finanzpolitik bei den NRW-Grünen nicht mehrheitsfähig“, sagte Schneckenburger zur taz. Möglicherweise habe dies bei dem Mandatsverzicht eine Rolle gespielt. Müller galt während ihrer fünfjährigen Abgeordnetenzeit in NRW als Verfechterin grüner Realpolitik. Die frühere Europaabgeordnete kämpfte gegen überschuldete Haushalte und für eine nachhaltige Finanzpolitik. Von Seiten der Parteilinken brachte ihr das den „Neoliberalismus“-Vorwurf ein. Beim grünen Nominierungsparteitag im November 2004 in Dortmund scheiterte Müller in mehreren Wahlgängen für einen guten Listenplatz zur Landtagswahl.

„Ich sehe keine politischen Gründen für ihren Mandatsverzicht“, sagte Barbara Steffens, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen. Bei Müllers früherem Heimatkreisverband Köln will man darüber nicht spekulieren. „Edith fühlt sich jetzt sehr wohl in Berlin“, so Sprecher Jörg Penner.

Mit dem Job bei der Hessens Landesvertretung kehrt Müller zu ihren biographischen Wurzeln zurück. Das Land Hessen bot der gebürtigen Kaldenkirchenerin 1970 ein zweijähriges Stipendium in Spanien. Während des Jurastudiums in Madrid wurde Müller wegen ihres Widerstands gegen die Franco-Diktatur inhaftiert und ausgewiesen. Über K-Gruppen und DKP kam sie zu den Grünen. Joschka Fischer, damals Umwelt- und Bundesratsminister in Hessen, wurde 1991 auf die Parteifreundin aufmerksam und holte sie in die Bonner Landesvertretung. Nach dem Ende ihrer Politkarriere ist Müller nun seit einigen Wochen wieder im hessischen Staatsdienst.