Airbus hat 15 Jahre Rückstand auf Boeing

Der kriselnde Luftfahrtkonzern und Airbus-Hersteller EADS soll mit zusätzlichem privatem, zur Not auch öffentlichem Kapital saniert werden. Probleme beim Jet A 380 sind „hausgemacht“, sagt Vorstand Enders. Hamburg sei zweitwichtigster Standort

VON HANNES KOCH

In der Krise des europäischen Luftfahrtkonzerns EADS plädiert Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) für „eine unternehmerische Lösung“. Nicht vornehmlich der Staat oder die öffentliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sollten sich stärker an dem Konzern beteiligen, sondern private Unternehmen, sagte Glos. Ähnlich äußerte sich EADS-Vorstand Thomas Enders nach einem Krisengespräch gestern im Wirtschaftsministerium: „Die Privatwirtschaft muss das Sagen haben.“

Weil sich die Auslieferung der neuen Großraumflugzeuge vom Typ Airbus A 380 um zwei Jahre verzögert, ist der EADS-Konzern in massive Bedrängnis geraten. Die 168 bislang von Fluggesellschaften bestellten A 380 werden nicht rechtzeitig fertig. Deshalb gehen dem Unternehmen bis 2010 Einnahmen von 4,8 Milliarden Euro verloren. Weil EADS-Eigner DaimlerChrysler ohnehin Anteile verkaufen will, stellt sich nun die Frage nach einem stärkeren Engagement der öffentlichen Hand. An EADS sind unter anderem der französische und spanische Staat, der britische Konzern BAE und die russische Staatsbank beteiligt.

Im Bundesfinanzministerium und bei der SPD sieht man die Lage etwas anders. Staatssekretär Thomas Mirow, ehemals Hamburger Wirtschaftssenator, macht sich für eine Beteiligung der KfW stark. Als Kompromiss hat das Bundeskabinett vereinbart, zunächst nach einer privaten Lösung zu suchen. Wenn dies nicht funktioniert, will man auf die KfW zurückkommen.

EADS-Vorstand Enders räumte derweil ein, dass die Probleme im Unternehmen aus „hausgemachten Management-Fehlern“ resultierten. Die Verwaltungsstruktur ist kompliziert, die Produktion aufgeteilt auf mehrere Standorte, unter anderem Toulouse und Hamburg. Halbfertige Flugzeuge werden ständig in riesigen Transportmaschinen zwischen Frankreich und Deutschland hin- und hergeflogen.

Wenngleich EADS-Vorstand Enders sich gestern zum „Standort Hamburg bekannte“, wird mit der bisherigen Aufteilung der Produktion möglicherweise bald Schluss sein. Eine Variante: Der A 380 würde dann nur noch in Toulouse gefertigt, kleinere Flugzeuge kämen hingegen vermehrt aus Hamburg.

Um den A 380 in Hamburg zu halten, hatte die Landesregierung ein Naturschutzgebiet an der Elbe zuschütten lassen. In der Hansestadt arbeiten 11.400 Leute bei EADS. Was die Umstrukturierungen und Kostensenkungen für diese Arbeitsplätze bedeuten, war aus den Verantwortlichen gestern nicht herauszubekommen. Entscheidungen sollen offiziell erst 2007 getroffen werden.

Airbus wurde 1970 von den Unternehmen MBB (Deutschland) und Aerospatiale (Frankreich) gegründet, um Boeing Konkurrenz zu machen. Der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) trieb das Vorhaben voran. Der lange Vorlauf hat offenbar nicht gereicht. Airbus habe einen technologischen Rückstand von 15 Jahren auf Boeing, sagte Airbus-Chef Christian Streiff gestern.