Einfach gute Popmusik. Aufgeweckt (und trotzdem vielleicht zu spät) mit Brokof und federleicht hingetupft von Lena Malmborg

Bands wie Brokof werden eigentlich nicht mehr hergestellt heutzutage. Vier Jungs, die zusammen Musik machen, einfach gute Popmusik. Die dazu Gitarren nehmen und Schlagzeug und ein paar eingängige Melodien. Die kein Konzept haben und keine Botschaft, sondern nur auf eine Bühne wollen. Die dazu nicht mal Deutsch singen, sondern noch daran glauben, dass Englisch sich einfach besser anhört, irgendwie runder. Die dann im Duden oder beim Studium angloamerikanischer Literatur irgendwann auf die Formulierung „Softly, Softly, Catchee Monkey“ stoßen, anschließend rauskriegen, dass das ungefähr „Gut Ding will Weile haben“ heißt, und sich denken, das wär doch ein prima Albumtitel.

Nun ist es also ein Albumtitel. Brokofs Debüt wäre, sagen wir mal, Mitte der Neunziger eine kleine Sensation gewesen. Damals hätte man sie gelobt für den souveränen Umgang mit Elementen der Americana, des Folk und der britischen Pop-Tradition. Man hätte die geschmackvollen Balladen mit den schrammeligen Gitarren ebenso bewundert wie die aufgeweckten, cleveren Popsongs. Man hätte den abgeklärten Einsatz musikalischer Mittel gelobt, das breite Spektrum, das vom melancholisch verzögerten Marschrhythmus bis zum fröhlich hüpfenden Kirmes-Groove der Single „Smile“ reicht. Man hätte mit einem gewissen Stolz registriert, dass Brokof auch nicht schlechter sind als der Großteil der englischen oder amerikanischen Bands, die damals über den grünen Klee gelobt wurden. Dann hätte man noch festgestellt, dass sie fast so gut sind wie Miles oder Readymade, also Bands aus der deutschen Provinz, die einst Kritikerliebling waren und heute nur noch irgendwie als Hobbyprojekt existieren oder sich gleich ganz aufgelöst haben. Weil die Zeiten seitdem nicht eben besser geworden sind und weil man heute eher Deutsch singt, kann man Brokof, auch wenn das nicht ganz gerecht ist, denn ihre Musik hätte es sicherlich verdient, heute kaum ein schöneres Schicksal prophezeien.

Sängerinnen wie Lena Malmborg dagegen werden, so scheint es manchmal, im Dutzend produziert heutzutage. Ziemlich genau zwischen Singer/Songwriterin und international kompatiblem Pop ist eine mittlerweile gut besetzte Nische entstanden. Vielleicht war diese Überfüllung schuld daran, dass die Schwedin Malmborg während der Aufnahmen zu ihrem dritten Album von einer Sinnkrise befallen wurde, die sie dadurch bekämpfte, indem sie die Aufnahmen nach Berlin verlegte. Weil sie das aber eigentlich lieber anderswo getan hätte, heißt das Album jetzt „Paris To Berlin“.

Man könnte jetzt wohl beleidigt sein, aber vielleicht sollte man stolz sein. Erstens weil unsere arme, aber sexy Hauptstadt jetzt schon als Notnagel für etablierte Weltmetropolen dienen darf. Und, viel wichtiger, weil das Ergebnis nur das beste Licht auf Berlin wirft. Wenn hier solch eine wundervoll entspannte Musik entstehen kann, so federleicht hingetupfter Pop, der sich trotzdem eine gewisse Widerborstigkeit bewahrt hat, dann scheint Berlin doch eine echt prima Stadt zu sein. THOMAS WINKLER

■ Brokof: „Softly, Softly, Catchee Monkey“ (Goldrausch), live 30. 10. Kauf Dich Glücklich, 17. 11. Lido

■ Lena Malmborg: „From Paris To Berlin“ (Crying Bob/Broken Silence), live 7. 11. Comet