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Archiv-Artikel

„Schwarz-Grün ist undenkbar“

ATOMGESETZ Nach dem heftigen Atom-Streit im Bundestag hält die Grüne Sylvia Kotting-Uhl eine Zusammenarbeit mit der Union künftig für unvorstellbar

Sylvia Kotting-Uhl

■ ist atompolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Bundestag. Die Baden-Württembergerin gab auch eine persönliche Erklärung vor dem Bundestag ab.

taz: Frau Kotting-Uhl, die Sprecherin der Unionsfraktion, Marie-Luise Dött, fühlte sich nach der Debatte über die Laufzeitverlängerung an ein Studentenparlament erinnert. Sie auch?

Sylvia Kotting-Uhl: Ich weiß ja nicht, ob Frau Dött jemals in einem Studentenparlament war. Wir von den Grünen haben deutlich unseren Unmut ausgedrückt. Über die Laufzeitverlängerung und die Art, wie dieses Gesetz durch das Parlament gepeitscht wurde.

Es ging hoch her im Bundestag. Die Grünen erschienen in schwarzer Kleidung und mit einem gelben Kreuz am Revers. Das sah etwas gespenstisch aus. Fanden Sie nicht?

Nein. Schwarz ist die Farbe der Trauer. Und wir haben getrauert. Zum einen um den verstorbenen SPD-Abgeordneten Hermann Scheer. Zum anderen, da die schwarz-gelbe Koalition scheinbar nicht weiß, was sie mit diesem Eingriff anrichtet. Und das gelbe Kreuz bedeutet Widerstand. Diese Kleidung bleibt einmalig, wie auch das Ereignis einmalig war.

Die Opposition war sich offensichtlich nicht einig. Selbst die SPD kritisierte die Kleiderordnung der Grünen.

Ja, es gab ja auch den Vorwurf der FDP, wir seien uniformiert aufgetreten. Ich bin jedoch nicht der Meinung, dass Trauerkleidung eine Uniform darstellt.

Die Grünen verzögerten durch eine Flut von Änderungsanträgen und persönlichen Erklärungen die Abstimmung. Warum?

Die Grünen wollten über jedes Atomkraftwerk namentlich und einzeln abstimmen lassen. Die Abgeordneten sollten sich damit zur Verantwortung für ihren Wahlkreis bekennen. Persönliche Erklärungen haben vor allem jene Abgeordneten abgegeben, die in der Nähe eines Atomkraftwerks leben oder in Aufsichtsräten der Stadtwerke sitzen, die ganz erheblich von diesem Gesetz betroffen sind.

Die Opposition sprach von einem „schwarzen Tag“ für die Demokratie in diesem Land. Kann das Parlament nun überhaupt weiterarbeiten wie gehabt?

Zwischen Opposition und Koalition wird die Zusammenarbeit, vor allem was die Energiepolitik betrifft, sicherlich sehr schwer. Die Regierung hat einen schwer erkämpften Konsens aufgekündigt.

Die Grünen wollen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz klagen. Für eine Normenkontrollklage benötigen sie aber Unterstützung vonseiten der Linken und der SPD. Wie sicher kommt die Klage?

Klagen gegen Atomgesetz

■ Die Opposition will gegen die Verlängerung der Laufzeiten vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Der Grund: Die schwarz-gelbe Koalition umgeht den Bundesrat, in dem sie keine Mehrheit hat – obwohl die Änderung nach Ansicht vieler Verfassungsrechtler zustimmungspflichtig ist. Ein Viertel der Parlamentarier ist nötig, um einen sogenannten Normenkontrollantrag beim Verfassungsgericht einzureichen. Die Karlsruher Richter prüfen dann, ob die Laufzeitverlängerungen rechtswidrig zustande gekommen sind.

■ Der Verfassungsrechtler Joachim Wieland empfiehlt der Opposition eine einstweilige Anordnung zu beantragen. In diesem Fall müsste Karlsruhe innerhalb weniger Wochen prüfen, ob das Gesetz überhaupt in Kraft treten darf.

Ich denke, nach der Debatte im Bundestag kann kein Zweifel daran bestehen, dass sie kommt. Wir werden dieses Quorum mithilfe der anderen Oppositionsfraktionen erreichen.

Peter Altmaier von der CDU deutete unlängst an, dass man die Laufzeitverlängerung gegebenenfalls in einer schwarz-grünen Koaltion zurücknehmen könnte.

Die Laufzeitverlängerung wird zurückgenommen, ja. Aber von einer Regierung, in der sich sowohl die Grünen als auch die SPD befinden. Eine Koalition mit der CDU ist für uns im Moment undenkbar. INTERVIEW: FELIX DACHSEL