BenQ-Beschäftigte gucken in die Röhre

Insolvenzverwalter Prager lässt die BenQ-Beschäftigten in Bocholt und Kamp-Lintfort über die Zukunft der Handyproduktion im Unklaren. Arbeitnehmer demonstrieren mit Siemens-Kollegen für Rettung der Jobs in NRW

KAMP-LINTFORT taz ■ Per Videoschaltung meldete sich BenQ-Insolvenzverwalter Martin Prager aus München gestern bei den Beschäftigten in NRW. Die rund 2.000 Arbeiterinnen und Arbeiter der früheren Siemens-Handysparte in Bocholt und Kamp-Lintfort hatten sich nach den jüngsten Horrormeldungen über Massenentlassungen auf das Schlimmste eingerichtet. Doch Prager kündigte zwar einen Stellenabbau an, nannte in der televisionären Mitarbeiterversammlung aber keine Zahlen. Am Mittwoch hatte eine Sprecherin des Insolvenzverwalters noch den Verlust von 1.000 Arbeitsplätzen als „nicht ganz unrealistisch“ bezeichnet.

Die Mitarbeiter reagierten eher enttäuscht auf die vagen Andeutungen Pragers und die bürokratischen Ausführungen über Insolvenzgeld und Versicherungen. „Es wurde hauptsächlich dargestellt, dass das Unternehmen verschlankt wird und für einen Teil ein Investor gesucht wird“, berichtete BenQ-Betriebsratschefin Susanne Kahlweg von dem nichtöffentlichen Videovortrag. Der für die BenQ-Beschäftigten im münsterländischen Bocholt zuständige IG-Metall-Sekretär Heinz Cholewa bewertete Pragers Auftritt zurückhaltend. „Dass Prager einen Schwerpunkt auf die Investorensuche gelegt hat, war allerdings gut“, so Cholewa. Die rund 300 Beschäftigten der ebenfalls insolventen Bocholter BenQ-Reparaturwerkstatt Inservio seien ein „wichtiges Scharnier“, um Produktion und Servicebetrieb weiter führen zu können.

Als „Luftnummer“ bezeichnete der Gewerkschafter das Angebot des Ex-Mutterkonzerns Siemens, eine Jobbörse für BenQ-Beschäftigte einzurichten. Die Anforderungen für die vollwertigen freien Stellen seien so hoch, dass sie für die meisten BenQ-Mitarbeiter nicht in Frage kämen. „Funktionieren könnte das nur, wenn Siemens gleichzeitig eine Qualifizierungsoffensive starten würde“, so Cholewa.

Rund 1.000 Beschäftigte der Berliner BSH Bosch Siemens/ Bosch Hausgerätetechnik und der Belegschaft von BenQ demonstrierten gestern mit einem „Marsch der Solidarität“ für den Erhalt der Arbeitsplätze in beiden Unternehmen. An dem Marsch durch die Kamp-Lintforter Innenstadt beteiligten sich auch Auszubildende der benachbarten Zeche West. Auf einer Kundgebung vor dem Werkstor forderte der Betriebsrat der BSH, Güngör Demirci, Siemens dazu auf, den Ausverkauf von Bosch/Siemens und der Handysparte zurückzunehmen und die Mitarbeiter wieder zu übernehmen. Siemens stünde in der Verantwortung und dürfe sich da nicht herausstehlen, sagte der IG-Metall-Chef Niederrhein, Ulrich Marschner.

Unterdessen begann gestern Nachmittag in München ein „Runder Tisch“ zum Thema BenQ (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe). Insolvenzverwalter Prager wollte dabei mit Vertretern der Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Bayern, von Siemens sowie von der Bundesagentur für Arbeit und der IG Metall zusammentreffen, um über eine mögliche Auffanggesellschaft zu beraten. A. FLORIÉ, M. TEIGELER