Zweifelhafte Ehre für Wulff

Niedersachsens Ministerpräsident soll ausgezeichnet werden – für seine Mittelstandsförderung, sagt die Staatskanzlei. Der auslobende Landesverband des „Bundes der Selbstständigen“ allerdings hat gute Kontakte zur Neuen Rechten

Der Ministerpräsident sei „sehr geehrt, den Mittelstandspreis verliehen zu bekommen“, erklärt Nina Hacker, stellvertretende Sprecherin der niedersächsischen Staatskanzlei. Der nordrhein-westfälische Landesverband des „Bundes der Selbstständigen“ (BDS), der den Preis vergebe, sei nicht rechtslastig. Man freue sich vielmehr, „dass die Anstrengungen, die wir in Niedersachsen für die kleinen und mittleren Betrieben unternehmen, auch gesehen werden“, so Hacker.

Die heutige Verleihung des Preises an Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) im ostfriesischen Norden ist gleichwohl „eine geschlossen Veranstaltung“ erklärt Frank Murmann vom BDS gegenüber der taz. Wann die Ehrung beginnt, wollte er nicht sagen. Wer den Preis überreicht, auch nicht.

Vielleicht ja, weil es bei der letzten Verleihung am 9. Oktober 2004 in Berlin der CDU-Rechtsaußen Martin Hohmann war, aus dessen Händen damals der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm den Preis erhielt. Eben jener Hohmann, der im November des selben Jahres wegen antisemitischer Äußerungen die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verlassen musste. Ein Opfer der „Gutmenschen“, mag sich BDS-Hauptgeschäftsführer Joachim Schäfer denken. In dem von ihm mit herausgegebenen Buch „Stigmatisiert. Der Terror der Gutmenschen“ heißt es, in Deutschland sei die freie Meinungsäußerung zum halsbrecherischen Risiko geworden.

„Mit der Annahme dieses Preises trägt Herr Wulff dazu bei, den Verein salonfähig zu machen“, sagt Tobias Dünow, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. „Sollte die CDU ihre Grenzen nach rechts nicht deutlicher ziehen?“ Und der SPD-Abgeordnete Hans-Dieter Haase weiß: „Wegen rechtsextremer Tendenzen hat der BDS sogar schon die Trennung von dem nordrhein-westfälischen Landesverband erwogen.“

Vor wenigen Jahren war der Landesverband in die öffentliche Kritik geraten. Auf der Homepage der BDS-Arbeitsgemeinschaft „Stimme der Mehrheit“ waren Listen mit Büchern rechtsextremer Verlage aufgetaucht. Und in der Verbandszeitung „Der Selbstständige/DS-Magazin“ schreiben bis heute Autoren der rechtsextremen Wochenzeitung Jungen Freiheit.

Alle drei Jahre verleiht der BDS zusammen mit der „Bundesvereinigung mittelständiger Unternehmer“ den nicht dotierten Preis. Ministerpräsident Wulff befinde sich als Preisträger „in bester Gesellschaft“, versichert Nina Hacker von der Staatskanzlei – und verweist neben Schönbohm auch auf Peter Gauweiler. SPD-Mann Haase dagegen sagt, nur wenn Wulff die Auszeichnung ablehne, verhindere er, „dass er – gewollt oder ungewollt – von Funktionären des neurechten Spektrums vereinnahmt wird“. ANDREAS SPEIT