: Rassismus im Hörsaal
AUSTRALIEN Nach Übergriffen auf indische Studenten sinkt die Zahl ausländischer Hochschulbewerber
Australische Universitäten werden weniger attraktiv für ausländische Studierende. Die Zahl ausländischer Studenten in Australien könnte von gegenwärtig 214.000 auf 148.000 im Jahr 2015 fallen. Ein wesentlicher Grund für den Rückgang sei der schlechte Ruf, den Australien vor allem in den asiatischen Ländern habe, glauben führende Akademiker.
Internationale Studenten seien „die Straßenverkehrsopfer“ der Politiker auf deren Weg zur Macht, meinte kürzlich der Vorsitzende der University of New South Wales in Sydney, Fred Hilmer. Fremdenfeindliche Rhetorik vor den jüngsten Parlamentswahlen, die mit xenophoben Behauptungen unterlegte Diskussion der Frage, ob Australien „überfüllt“ sei, sowie rassistische Übergriffe auf indische Studenten ließen bei potenziellen Studierenden im Ausland die Meinung aufkommen, sie seien in Australien nicht willkommen.
Für einige der 41 australischen Universitäten ist der Trend ein existenzielles Problem. Die Monash University in Melbourne beispielsweise musste kürzlich 300 Stellen abbauen.
Die „Ausbildungsindustrie“ bringt Australien jährlich etwa 18 Milliarden australische Dollar ein. In den letzten 20 Jahren haben konservative und sozialdemokratische Regierungen die Universitäten gezwungen, verstärkt außerhalb der staatlichen Quellen Kapital zu finden. Der Wunsch junger Menschen in Indien, China, Indonesien, Südkorea und Malaysia nach einer „westlichen“ Ausbildung erwies sich dabei für viele Institute als eine Art Goldgrube. Fast alle größeren Universitäten sind inzwischen von ausländischen Studierenden finanziell abhängig.
Selbst bekannte Institutionen wie die Macquarie University in Sydney beziehen bis zu 30 Prozent ihres Betriebskapitals aus Studiengebühren von Ausländern. Während die meisten australischen Studierenden vom Staat unterstützt werden, bezahlen ausländische zum Teil sehr hohe Gebühren. In den letzten Jahren verschärfte sich die Kritik an diesem System. Einige Institute hatten ihre Anforderungen gesenkt, um mehr zahlende Studierende aufnehmen zu können.
Die australische Regierung weist Rassismus und Fremdenfeindlichkeit als Gründe für den Rückgang in der Regel zurück. Sie verweist auf die starke australische Währung: Australien werde als Studienort immer teurer. Auch eine Verschärfung der Visa-Vorschriften für Studenten habe zur Entwicklung beitragen. Doch Dozenten sehen das anders. Brutale Angriffe auf mehrere indische Studenten und rassistische Aussagen von Polizisten sorgten in ganz Asien für negative Schlagzeilen. Der „Markenname Australien“ sei „geschädigt“, so der Akademiker Fred Hilmer.
URS WÄLTERLIN, SYDNEY