: Deutsche Marine übernimmt Kommando
Internationaler Seeverband nimmt seine Arbeit auf. Unter deutscher Führung soll er den Waffenschmuggel in den Süden des Libanon unterbinden. Acht Wochen nach Kriegsende ist die innenpolitische Lage in Beirut immer noch ziemlich desolat
VON KARIM EL-GAWHARY
So ganz traut die Bundesmarine ihrem neuen Gastgeber nicht. Aus Sicherheitsgründen war nur das Flaggschiff, die deutsche Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“, in den Beiruter Hafen eingelaufen, um offiziell am Sonntagmittag das Kommando über den internationalen Flottenverband der UN-Friedensmission für den Libanon (Unifil) zu übernehmen. Die übrigen Schiffe und Boote des Verbandes kreuzten sicherheitshalber vor der libanesischen Küste.
Die eigentliche Übergabe des Kommandos an den Kieler Flottillenadmiral Andreas Krause erfolgte bei einem feierlichen Appell an Bord des ebenfalls in Beirut angedockten italienischen Flugzeugträgers „Garibaldi“ – kapp und kurz und unter Deck, denn ungewöhnlich für die Jahreszeit wurde die libanesische Küste von einem Gewitterregen heimgesucht. Deutschland übernimmt damit die Führung einer maritimen Task Force mit UN-Soldaten aus den Niederlanden, Dänemark, Norwegen und Schweden. Bis zu 2.400 deutsche Soldaten, darunter 1.500 Marinesoldaten, werden an dem zunächst bis 31. August 2007 befristeten Einsatz teilnehmen. Sie sollen illegale Waffenlieferungen zur See unterbinden. Der aus zwei Fregatten, zwei Versorgern und vier Schnellbooten bestehende deutsche Teil des Verbandes war am 4. Oktober zusammen mit zwei dänischen Schnellbooten nach 13-tägiger Fahrt in Zypern eingetroffen.
Die Lage im Libanon bleibt angespannt: In der Nähe des UN-Sitzes im Zentrum der libanesischen Hauptstadt Beirut war wenige Stunden vor der deutschen Kommandoübernahme eine Panzerabwehrrakete in ein Gebäude eingeschlagen. Bei der Explosion wurden sechs Menschen verletzt. Unbekannte feuerten insgesamt drei Raketen in Richtung des UN-Gebäudes.
Die UN-Truppe ist nicht unumstritten. Ihrem Mandat entsprechend soll Unifil die libanesische Armee dabei unterstützen, ihr Waffenmonopol durchzusetzen, und den Waffenstillstand beobachten. Der Kommandant der UN-Truppen, Major-General Alain Pellegrini, hat aber klar erklärt, dass die aktive Entwaffnung der radikal-islamistischen Hisbollah-Bewegung nicht Teil des Auftrages sei. Gleichzeitig kann die UN-Truppe auch nicht die libanesische Grenze schützen. Diesen Monat hat die UNO allein in einer einzigen Woche zehn Luftraumverletzungen durch die israelische Luftwaffe registriert. Niemand Geringerer als der libanesische Parlamentssprecher Nabih Berri äußerte sich letzte Woche misstrauisch zu UN-Präsenz im Süden des Landes und zur See. Er fürchtet, dass die Unifil den israelischen Geheimdienst Mossad mit Informationen über den Libanon versorgen könnte.
Acht Wochen nach Ende der Kriegshandlungen befindet sich das Land weiter politisch in desolatem Zustand. Laut Paul Salem, dem Direktor des neu gegründeten Carnegie Middle East Centre in Beirut, durchlebt die Regierung des Premierministers Fuad Signora eine Glaubwürdigkeitskrise. „Die wichtigste Verbündeten der Signora-Regierung waren vor dem Krieg die Amerikaner, und die suchten kein Ende des Krieges, sondern haben ihn de facto noch verlängert“, erklärt Salem.
Die Regierung in Beirut kann sich deshalb vor allem eines nicht erlauben: schwach gegenüber Israel zu erscheinen. Signora hatte am Dienstag erklärt, die libanesische Armee sei bereit, auf israelische Truppen zu feuern, sollten diese die Grenze erneut überschreiten. Er hob vor allem die Verletzungen des libanesischen Luftraums hervor. „Ich bin willens, alles zu akzeptieren, was ein souveränes Land akzeptiert“, sagte der Ministerpräsident und fügte hinzu: „Würde die USA es russischen Flugzeugen erlauben, in ihren Luftraum einzudringen?“