„Keiner Schuld bewusst“

VERGEWALTIGUNGS-PROZESS Einer der Verteidiger der Angeklagten bezweifelt, dass das Opfer „zeugentauglich“ ist

In dem Bremer Strafverfahren wegen einer Massenvergewaltigung ist der Versuch einer außergerichtlichen Verständigung gescheitert. Die Nebenklage-Vertreterin wollte dem Opfer die Vernehmung zu den Einzelheiten des Tathergangs ersparen. Der Vorschlag des Richters, die Strafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die Angeklagten ein Geständnis ablegten und bereit seien, 20.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen, lehnten deren Anwälte ab. Ihre Mandanten seien sich „keiner Schuld bewusst“, hatten sie in dem „Verständigungsgespräch“ mitgeteilt.

Da die Kripo umfangreiche DNA-Spuren gesichert hat, wird die Verteidigung vermutlich darauf hinauslaufen, dass das Opfer freiwillig die Sexualhandlungen drei Stunden lang über sich ergehen ließ. Das Mädchen, das damals 17 Jahre alt war, kannte weder das Haus, in das sie zu der mutmaßlichen Vergewaltigung gebracht wurde, noch die sechs jungen Männer, die nun angeklagt sind.

Die Anwältin des Opfers beantragte, sowohl die Öffentlichkeit als auch die Angeklagten an den Tagen auszuschließen, an denen ihre Mandantin als Zeugin vernommen wird. Die junge Frau sei nach der Tat, die drei Jahre zurück liegt, immer noch „psychisch angeschlagen“ und nach wie vor in therapeutischer Behandlung.

Das Stichwort „psychisch angeschlagen“ nahm der Verteidiger Matthias Koch zum Anlass, um die Glaubwürdigkeit des Opfers als Zeugin infrage zu stellen: Was den Angeklagten vorgeworfen werde, sei ein „Vier-Augen-Delikt“, die Aussage des Opfers sei also entscheidend. Ein Gutachten müsse klären, ob sie in ihrem „psychisch angeschlagenen“ Zustand überhaupt „zeugentauglich“ sei.

Bezüglich einer zweiten Gruppenvergewaltigung, die dem Angeklagten Duran T. angelastet wird, beantragte Anwalt Koch die Einstellung des Verfahrens – die Angaben zum Tatzeitpunkt, an dem sein Mandant „etwas falsch gemacht“ haben solle, sei zu ungenau für eine Anklage. KAWE