: Ihr Kinderlein, kommet zum Test
Mit frühzeitigen Untersuchungen will Bildungssenator Böger Kinder besser vor Verwahrlosung schützen. Er plant Sprachprüfungen und ein „Warnsystem“ für Eltern
Wie lassen sich Kinder vor Verwahrlosung und Gewalt bewahren? Und wie können öffentliche Einrichtungen dabei helfen? Auf Fragen wie diese soll der Familienbericht 2006 Antworten geben. Gestern stellte der Familien- und Jugendsenator Klaus Böger (SPD) ihn vor. Auf rein freiwillige Methoden setzt der Senat darin nicht mehr.
Früherkennungsuntersuchungen für Kinder sollen so verbindlich wie möglich werden, fordert Böger. Sie könnten Verwahrlosung in vielen Fällen verhindern. Weil Berlin das Geld fehlt, setzt der Senat dabei nicht auf mehr Personal, sondern auf eine bessere Verknüpfung aller Beteiligten. So sollen Kliniken, Hebammen und Jugendämter zusammenarbeiten, um bei Problemen möglichst früh einschreiten zu können. Beispielsweise könnten Schwangere bereits vor der Entbindung Beratung bekommen, damit Mütter und Väter später nicht überfordert allein gelassen werden.
Mehr Geld will der Senator für eine Telefonberatungsstelle in Kreuzberg ausgeben. Rund um die Uhr soll geschultes Personal erreichbar sein, um Hinweisen und Hilferufen nachzukommen. Doch zunächst muss dieser Plan im November vom Senat abgenickt werden. „Frühestens Anfang des Jahres“ 2007 rechnet Böger deshalb mit der Einrichtung der Beratungsstelle. Weil „Sprache der Schlüssel“ zu sozialer Teilhabe sei, setzt die Bildungsverwaltung außerdem auf mehr Sprachtests. Bereits mit vier Jahren sollen Kinder an verbindlichen Sprachuntersuchungen teilnehmen. Bislang müssen alle Kinder, die im Folgejahr in die Grundschule kommen, einen solchen Test durchlaufen. 43 Prozent der Berliner Kinder bis sechs Jahre haben als Muttersprache nicht Deutsch.
Böger schloss sich der Forderung von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) an, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern.
Kritik erntete der Senator dafür von der familienpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion, Ramona Pop. Noch im Frühjahr habe die rot-rote Koalition einen Grünen-Antrag, die Kinderrechte in der Landesverfassung festzuschreiben, ignoriert.
MATTHIAS LOHRE