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Archiv-Artikel

Gabriel denkt an tropische Nächte

Der Klimawandel ist nicht aufzuhalten, sagt der SPD-Bundesumweltminister. Deshalb müssten sich Bürger vorbereiten – und Bäume pflanzen oder höhere Deiche bauen

BERLIN taz ■ Die Sommernächte in Freiburg werden tropisch, Landwirte müssen mit weniger Wasser auskommen, und der letzte deutsche Gletscher schmilzt seinem sicheren Ende entgegen. Das sind Folgen der globalen Erwärmung – „sie sind unvermeidbar“, sagte gestern der SPD-Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Doch die Bundesregierung werde sich darauf einstellen. Allein: Ihre Klimavorhersagen sind wenig zuverlässig.

Denn: Der Umweltminister bezog sich gestern ausgerechnet auf ein Klimamodell des Umweltbundesamtes (UBA), das in den letzten Tagen in Verruf gekommen ist. Die Behörde hatte das Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI) in Hamburg mit Klimaberechnungen beauftragt. Jetzt wurde bekannt: In das Computerprogramm hat sich ein Fehler eingeschlichen. Die Forscher haben sich bei den Niederschlagsmengen um bis zu 40 Prozent verrechnet. Hans Joachim Schnellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, hält die Modelle trotzdem für unerlässlich: „Durch die Frage, ob der Klimawandel real ist, haben wir schon zehn Jahre verloren“, betonte der Professor.

Und UBA-Präsident Andreas Troge erklärte, dass „Diskussionen in der Wissenschaft gewollt“ seien. Sprich: Fehler gehören dazu. Das Modell wird derzeit überarbeitet. Troge meint: „Auch wenn nicht genau vorherzusagen ist, in welcher Stadt wie viel Regen fällt, stehen die grundlegenden Muster fest.“ Die Wissenschaftler erwarten, dass sich das Klima in Deutschland bis 2100 um 2 bis 3 Grad erwärmt – trotz der Bemühungen zum Klimaschutz.

„Wir dürfen nicht nur an das Heute denken“, sagte Sigmar Gabriel. Bauherren zum Beispiel beachteten noch immer nicht die Klimagefahren. Dies soll sich nun ändern: Das Umweltbundesamt gründet jetzt das „Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung“ (KomPass). Die KomPass-Experten sollen Kommunen an der Küste Tipps geben, wie hoch sie Deiche bauen müssen. Und Förstern werden sie raten, die Fichten-Monokulturen in Mischwälder umzubauen. Denn diese vertragen Hitze und wenig Regen besser.

Auch Unternehmen können sich an KomPass wenden – etwa wenn sie in ihren Betrieben Wasser sparen wollen. Die Devise von KomPass lautet: „Das Unvermeidbare beherrschen“.

Auch so manches Bundesland sorgt schon für den Klimawandel vor: Hessen hat zum Beispiel schon ein Hitzewarnsystem eingeführt. Sobald die Temperaturen im Sommer stark ansteigen, erhalten Altenheime, Krankenhäuser und Ärzte eine Hitzewarnung. Denn ältere Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen brauchen in diesem Fall Extrapflege. Sie sind es, die hierzulande besonders unter tropischen Temperaturen leiden.

ELISABETH SCHERER