: Zwischen den Stühlen
NACHRUF Kai Fabig, der ehemalige taz-Redakteur und spätere Pressesprecher der Umweltbehörde, ist gestorben. Er war ein Feind des schlecht Informierten
War er noch da, als ich am Dienstagabend wegging, stand seine Bürotür also noch offen? Saß Kai noch vor seinem Rechner, wie wir es alle in der Umweltbehörde tagsüber tun und er auch an vielen Abenden, mit konzentrierter oder genervter Miene in den Bildschirm starrend?
Ich bin nicht sicher. Vor dem Bildschirm, das weiß ich, saß er aber lieber als in langen Sitzungen. Abseits des aufgeregten „Gack-gack“, wie er das Raushängen von Positionslaternen nannte, konnte er dann über neue Ideen und Konzepte zur Energieversorgung nachsinnen. Oft mit Ergebnissen.
Am Mittwochabend gelangte eine pdf-Datei mit seinem Spielerpass auf meinen Bildschirm. Nochmal ein Moment zum Schlucken, auch weil er so verdammt jung aussieht auf dem Foto. Es war sein Spielerpass vom Betriebssport, und dabei, beim Fußball, ist Kai am Dienstagabend gestorben.
Zuerst gesehen habe ich ihn 1992 in der damaligen Umweltbehörde im Steindamm, unmittelbar vor seinem Vorstellungsgespräch beim Senator. Das also war er, Kai Fabig von der taz, der mit dem Kadett. Das war sein Running Gag damals, in vielen Kommentaren kam irgendwie sein alter Kadett vor, oder war es sogar eine regelmäßige Kolumne? Kai Fabig oder -big, so sein Kürzel, war bereits ein Markenname. Er schrieb gründlich recherchierte Artikel, oft angriffslustige Kommentare, die trotzdem keine Peitschenhiebe waren, sondern durch die fast immer sein Sinn für Humor durchschien.
Kam da ein Konkurrent? Auf jeden Fall kam ein Guter und es war eine gute Idee vom Chef, Umweltsenator Vahrenholt, ihn von der taz wegzuengagieren. Jetzt saß Kai zwischen den Stühlen, und die Rolle lag ihm. Unser Chef und seine Umweltpolitik, die auch unsere war, hatten in der Medienlandschaft nicht nur Bewunderer, bei der taz schon gar nicht. Unser neuer Pressesprecher Kai Fabig konnte sich über fachlich schlechte Artikel mächtig aufregen, aber solche, die uns kritisierten und dabei Sachkenntnis bewiesen, imponierten ihm.
Zwischen uns ist keine Konkurrenz entstanden, weil Kai solches Denken fremd war. Ihm ging es wirklich um die Sache. Er kniete sich richtig hinein, meldete sich in der Amtsleiterrunde noch zu Wort, wenn man selber mit den Gedanken schon beim Mittagessen saß. Und was er sagte, war meistens so, dass man wieder zuhörte. Der Chef tat das auch, mit dem er unverdrossen stritt, und dem er oft Ideen und Konzepte vorlegte.
Journalisten hatten es nicht immer leicht mit diesem Behördensprecher, denn seinen Charme wusste er zu dosieren. Wer bei der Waldzustands-Begehung in den Harburger Bergen eine Fichte nicht von einer Kiefer unterscheiden konnte, brauchte ihn gar nicht erst wieder anzurufen. JENS REIMER PRÜSS
Der Autor arbeitet bei der Umweltbehörde.