: Touristen in der Raucherlobby
Über mögliche Rauchverbote verhandeln statt Drogenbeauftragter Tourismusexperten
BERLIN taz ■ Die Tourismuspolitiker im Bundestag sind eine unbeachtete Spezies. Kaum jemand nimmt Notiz, wenn Klaus Brähmig von der CDU erklärt, dass der Fremdenverkehr „Motor der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ ist. Und wenn Annette Faße, tourismuspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, mitteilt, der runde Tisch zum Wassertourismus sei eröffnet. Doch die zwei haben jetzt etwas Neues im Portfolio: den Nichtraucherschutz. Oder genauer: den Schutz vor dem Nichtraucherschutz.
Brähmig und Faße gehören zu einer sechsköpfigen Arbeitsgruppe der Koalition, die einen Gesetzentwurf über Rauchverbote erarbeiten soll und gestern erstmals tagte – ohne greifbare Ergebnisse. Knackpunkt bleibt ein absolutes Rauchverbot in Kneipen und Restaurants. Das wollen die Tourismusförderer Brähmig und Faße genauso wenig wie der Hotel- und Gaststättenverband. Dafür gehört ausgerechnet die engagierteste Qualmgegnerin der Unionsfraktion nicht dem entscheidenden Gremium an: die Drogenbeauftragte der Fraktion, Maria Eichorn (CSU). Neben Brähmig führt die gesundheitspolitische Sprecherin der Union, Annette Widmann-Mauz, die Verhandlungen. Die CDU-Politikerin hatte sich im Sommer im Gegensatz zu Eichhorn auffallend schwammig geäußert: Sie prüfe, „inwieweit der Nichtraucherschutz in Gaststätten verbessert werden kann (z. B. durch getrennte Räumlichkeiten)“. Obwohl Widmann-Mauz mit der Gesundheitsreform gut ausgelastet ist, wollte sie den Job. Die Expertin Eichhorn fügte sich der Entscheidung. „Ich stehe voll dazu“, sagte sie der taz. Sie sei nicht enttäuscht und werde eng mit Widmann-Mauz zusammenarbeiten.
Eine unsichere Kantonistin und zwei Tourismusförderer – die Qualmgegner starten mit einer schwachen Ausgangsposition. Auf der Seite von Rauchverbots-Vorkämpfer Lothar Binding und Gesundheitsstaatssekretärin Marion Caspers-Merk (beide SPD) steht zunächst nur Gerd Müller, CSU-Staatssekretär im Verbraucherministerium. Müllers Chef Horst Seehofer hat mehrfach Rauchverbote in der Gastronomie verlangt, wurde zuletzt aber leiser. GEORG LÖWISCH