Nur fünf Kandidaten

DEMOKRATIE Die Bürgerschaft wirbt für die Europawahl, zeigt aber nur Kandidaten der in ihr vertretenen Parteien. Die Übrigen dürfen auf sich verlinken – demnächst

Die Europawahl-Motivationskampagne der Bürgerschaft privilegiert die etablierten Parteien. Wer vor den Feiertagen die Website du-bist-entscheidend.de aufrief, fand unter „Kandidatensuche“ die Eigenwerbung von fünf Kandidaten der in der Bürgerschaft vertretenen Parteien. Für die übrigen 20 Parteien, die zur Europawahl am 25. Mai antreten, wurde auf die Excel-Tabelle des Bundeswahlleiters mit allen 1.098 KandidatInnen verlinkt. Martin Fuchs, der mit seinem Blog wahlbeobachter.de schon die letzte Bürgerschaftswahl begleitet hat, findet das problematisch. „Wenn man mit der Bürgerschaft hart ins Gericht gehen will, könnte man auch von Zensur sprechen“, findet er.

Tatsächlich konnten sich die fünf Parteienvertreter auf der Wahlmotivations-Website mit kurzen Artikeln ins schönste Licht rücken. Von Roland Heintze (CDU) erfahren wir, dass er sich im Dienstleistungsausschuss der Handelskammer engagiert. Knut Fleckenstein von der SPD ist Vorsitzender der EU-Russland-Delegation. Jan Philipp Albrecht (Grüne) verweist auf seine Verdienste bei der Abwehr des geplanten Handelsabkommens Acta, Gesine Meißner (FDP) wehrt sich dagegen, dass die EU Ölivenölkännchen auf Restauranttischen verbietet, und Fabio di Masi (Die Linke) sagt: „Hamburg wird nicht verkauft!“ In der nüchternen Excel-Tabelle des Bundeswahlleiters dagegen finden sich nur sachliche Angaben zur Person der übrigen Kandidaten.

Gregor Hackmack vom Portal abgeordnetenwatch.de wundert sich, dass die übrigen Parteien nicht auftauchen – schließlich habe das Bundesverfassungsgericht gerade die Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl gekippt. In dieser Wirklichkeit sei die Bürgerschaft offenbar noch nicht angekommen.

„Üblicherweise präsentiert man die Kandidaten der Parteien, die im Parlament vertreten sind“, rechtfertigt Bürgerschaftssprecher Ulfert Kaphengst sein Vorgehen. Allerdings sei geplant, alle Kandidaten mit einer Kurzinformation und einem Link auf die Website zu nehmen. Das solle mit einer Suchfunktion verknüpft werden, mit der Wähler feststellen können, wer in ihrem Wahlkreis antritt. Nun, da die Liste stehe, würden alle KandidatInnen angeschrieben.

Nach der taz-Anfrage wurde der Bürgerschaftskanzlei ihr exklusives Angebot offenbar zu heiß: Die Kandidatensuche mit den fünf Werbetexten war am Abend nicht mehr anzuklicken.

GERNOT KNÖDLER