Haarspitzentuning
: Montagskonzerte

„Ich bin nicht Emo, ich bin Indie, du Ficker“, sagt die Dame

Schmalzlocke blockiert das Waschbecken. Bis jede Haarspitze gen Decke ausgerichtet ist. Immens wichtig dabei: Jedes Festivalbändchen – in der Summe mindestens zehn –, was sich um die Handgelenke windet, muss auch dem uninteressierten Beobachter darüber Auskunft geben, wo Schmalzlocke die letzten drei Sommer verbracht hat. Dann dampft die David-Beckham-Gedächtnisfrise ab und kauft bei der Klofrau ein Snickers.

Jimmy Eat World stellen im Huxleys die neue Platte „Invented“ vor. Hannes, der um der alten Zeiten willen mitgekommen ist, hat schon mal Bier geholt und pünktlich um 21 Uhr geht’s los. „Salt, sweat, sugar on the asphalt“, hallt es durch den großen Ballsaal an der Hasenheide. Ein makellos urbanes Bild, genauso wie das folgende Konzert. Fotoqualität. Die Jungs aus Arizona spielen ihr Set routiniert runter. 90 Minuten solide Unterhaltung. Unaufgeregt, aber nicht lieblos. Am Montagabend flippt halt keiner aus.

Vor Hannes haben sich mittlerweile drei Mädels versammelt, die unaufhörlich drauflos schnattern. Statt ungewollt Resonanzkörper zu spielen, geht der leicht entnervt noch mal Bier besorgen. In der Folge verschluckt das wummernde Schlagzeug ohnehin das Gebrabbel der Ringeltops.

Auf dem Weg zur Garderobe schiebt sich Schmalzlocke in die Warteschlange und fummelt an seinen Bändern. Wahrscheinlich machen ihm die vom gemeinen Handgelenkschweiß befeuchteten Stofffetzen Sorgen. „Kann ich zu Hause wieder trocken fönen“, scheint der Konzertexperte zu denken.

Dann verliebt sich Schmalzlocke noch schnell in ein unschuldiges Geschöpf zur Linken, stellt den Kragen hoch und setzt zum Angriff an. „Ich bin nicht Emo, ich bin Indie, du Ficker“, sagt die pikierte Dame hörbar in Richtung des zerknirschten Verehrers. Was tun? Noch ’n Schnickers! JAN SCHEPER