TANZVERBOT AM KARFREITAG? NICHT IN BERLIN : Die doppelte Affenshow
VON JULIA BRUMMERT
Mit 16 gingen wir oft zum Keller, dem Jugendheim einer katholischen Kirchengemeinde in der Stadt, in der ich zur Schule gegangen bin, und verbrachten da die Dienstag- und Donnerstagabende der Schulferien und manchmal auch die Wochenenden. Die Getränke waren günstig und es gab Punkrock, ab und an gar live von den Bands aus der Umgebung, die sich an schrammeligem Deutschpunk versuchten.
Die Wände waren bunt, die Luft damals noch verraucht, und man konnte auch allein hingehen, irgendwer war immer da. Wenn man dann jemanden zur Begrüßung umarmte, rochen die Klamotten danach oft nach Patchouli, denn das war bei einigen meiner FreundInnen damals schwer angesagt. Die Betonung liegt auf „schwer“.
Ich erinnere mich auf einmal wieder ziemlich gut, weil es mich am Karfreitag in einen sehr ähnlichen Laden verschlug, auch wenn der Schokoladen in Berlin nicht von einer katholischen Kirche organisiert wird, das Publikum nicht mehr 16 ist, keine Patchouli-Wolken hinter sich herzieht und die Menschen auf der Bühne meistens doch etwas besser wissen, was sie da tun, als die Punks damals, die nach drei Stunden Gitarrenunterricht (wenn überhaupt) in der Musikschule die erste Band gründeten.
Das Bier ist aber ähnlich günstig, die Einrichtung ähnlich sympathisch verlebt, und einen Kickertisch gibt es auch. Am Karfreitag herrscht in der Kleinstadt Tanzverbot, in Berlin aber nicht, und die Twitchblades feierten die Veröffentlichung ihrer Platte. Die hatte ich vorher schon hören dürfen und fand den rock’n’rolligen Punk dann live noch viel besser als zu Hause. Außerdem hatten alle gute Laune, vor allem die Band selbst, und es wurde getanzt und gelacht und war schön anzusehen.
Ähnlich wie damals im Keller war aber auch im Schokoladen um 22 Uhr Feierabend, zumindest mit der Live-Musik. Der Grund im Keller war allerdings eher der Jugend- denn der Lärmschutz. Weil am nächsten Morgen noch was zu tun war, verzichteten meine Begleitung und ich auf die Feier danach und gingen heim.
Auch Ostern wurde bei uns nicht groß gefeiert. Das lag an der guten Konzertlage in Berlin und auch an überteuerten Bahnpreisen zu den Feiertagen und auch an Arbeit, die sowohl in der Heimat die Leute beschäftigte als auch hier. Also haben wir hier in Berlin am Gründonnerstag etwas bekloppt abends noch schnell alles eingekauft (es war überall voll, laut und erinnerte fast an ein Punkkonzert, nur ohne Bier und dafür mit schreienden Kindern. Die Verkäuferin hinter der Käsetheke seit für ihre freundliche Gelassenheit ausdrücklich gelobt!), um dann das Wochenende Bands anzugucken und darüber zu schreiben.
Vorher musste aber noch was anderes angeguckt werden. In Berlin gibt es ein neues Einkaufszentrum, das Bikini-Haus. Da es gefühlte siebenhundertvierundzwanzig Einkaufszentren hier gibt, war ich erst nicht interessiert. Aber man kann den Affen im Zoo beim Toben zugucken, und es gibt drinnen Designerläden, die ich vorher nicht kannte – zum Gucken gut, um dort einzukaufen, verdiene ich aber nicht genug Geld. Die Affen waren ohnehin die Hauptattraktion, denn die haben entzückenden Nachwuchs.
Abends dann gab es das sehnlichst erwartete Pascow-Konzert. Die können das ziemlich gut mit dem Deutschpunk. Der ist nicht so schrammelig, vor allem klug und hat noch erkennbare Melodien. Dass der Sänger seine Brille mit einer Kordel am Kopf festbindet, macht das Ganze noch sympathischer. Im Bi Nuu ist das Bier teurer als im Keller und im Schokoladen, dafür ist der Sound besser. Das hat die Vorband leider nicht erträglicher gemacht, The Baboon Show waren zu laut, zu aufgeregt, zu aufgesetzt abgefahren.
Pascow haben das wettgemacht. Ich möchte auch gen Norden trampen, ans Meer und dann weg und an der Tankstelle einkaufen und so. Vielleicht nächstes Jahr zu Ostern. Am Ostersonntag wurden dann erst mal nur neue Platten gehört, eine Doku über die Pixies angeguckt, und wir gingen lange spazieren. Auch okay.