: Schlaraffenland für Fleischfreaks
LIMOGES Scharf auf das rote Rindfleisch? In der französischen Region Limousin war und ist das Fleisch berühmt, dank seiner entspannten, natürlich gehaltenen Rinder
■ Übernachten: Designhotel in Limoges: www.hotelnos-rev.com, DZ ab 72 Euro oder Biobauernhöfe mit Limousiner Rindern www.ferme-bio-ambazac.fr
■ Restaurant de l’Abattoir: größte Auswahl an (Rind-)Fleischgerichten in Limoges; 12, avenue de l’Abattoir, Limoges; Tel. (00 33) 5 55 31 64 58 www.alainlongeval.com
■ Le Bistrot d’Olivier: günstiger Mittagstisch in der Markthalle; Halles Centrales, Limoges, Tel. (00 33) 5 55 33 73 85
■ Le Geyracois: ausgezeichnetes Buffet; 15 BD Georges Perrin, Limoges; Tel. (00 33) 5 55 32 58 51
■ Le Bistrot Gourmand: Hier gibt es sehr große Fleischportionen, vor allem abends; 7, Place Winston Churchill, Limoges, Tel. (00 33) 5 55 10 29 29, www.bistrogourmand.fr
■ Museum: „Maison traditionnelle de la Boucherie“ (Metzger-Museum): Rue de la Boucherie, Limoges, Öffnungszeiten: 10–13 und 14.30–19 Uhr (Eintritt frei)
■ Weitere Infos: Maison de la France, www.franceguide.com, www.urlaub-limousin.de (offizielle Homepage)
VON CHRISTIAN SCHREIBER
Hoch ragen die Fachwerkhäuser auf, die so dicht gedrängt stehen, als müssten sie sich gegenseitig stützen. Ein paar Spaziergänger schlendern durch das ehemalige Metzgerviertel in Limoges und blicken in die großen Schaufenster, in denen heute Schokolade statt Schweinsfüße und Ringe statt Rinderhälften liegen. Designer, Künstler und Delikatessenhändler haben das Viertel übernommen, in dem im 19. Jahrhundert 56 Metzgerfamilien regierten. Limoges in der Region Limousin stand für das beste Rindfleisch in Frankreich, nach dem sich Adlige und Königsfamilien die Finger leckten.
Auch heute sind europäische Gourmetköche scharf auf das rote Rindfleisch. Vor allem außerhalb Frankreichs ist es äußerst begehrt und selten. Wer aber im Limousin Urlaub macht, dem begegnet das berühmte Rind nicht nur auf dem Teller, sondern auch auf der Weide.
Friedlich grasen drei Dutzend Kühe vor dem Hof von Olivier Breuil nahe Limoges. Der Landwirt streichelt über das Fell eines seiner Tiere, das rotbraun im Sonnenlicht schimmert. Diese Streicheleinheiten sind aber nicht das Geheimnis für das gute Fleisch. Manche Rinder brauchen angeblich Massagen und Mozart, um zu entspannen. „Meine Limousiner haut so schnell nichts um“, erklärt der 28-Jährige. Eine robuste Rasse, die Tiere benötigen kaum Medikamente, können ohne menschliche Hilfe kalben und lassen sich kaum aus der Ruhe bringen.
Wissenschaftler haben laut Breuil herausgefunden: „Umso relaxter das Tier, umso zarter das Fleisch.“ Aber natürlich gibt es noch andere Gründe, warum das Limousiner Steak auf den Speisekarten der Edelrestaurants auftaucht. Die Landwirte der Region verfolgen wie Breuil eine sehr natürliche Linie. Kraftfutter ist tabu, die Tiere leben zu 95 Prozent von Gras und Heu, das der jeweilige Viehzüchter vom eigenen Feld holt. Die Bauern begleiten ihre Kühe sogar in den Schlachthof, damit sie keine Angst bekommen. Zwei Tonnen Fleisch produziert der 28-Jährige auf diese Weise pro Jahr. Das meiste verkauft er direkt ab Hof an Nachbarn und Bekannte oder über die Markthalle in Limoges.
Das wichtigste Produkt dort ist Fleisch. Ein halbes Dutzend Metzger hantiert mit Rinderhälften, Innereien, Schwanzstücken. Jedes Stückchen Kuh wird verwertet. Vor den Ständen wehen Fahnen mit den roten Qualitätssiegeln, die für „exzellentes Limousiner Rindfleisch“ stehen. In den beiden angeschlossenen Restaurants stehen heute saure Kutteln und rosa Filet auf der Karte. Hier sitzen Einheimische neben Touristen und Geschäftsleuten. Die Tische sind so dicht besetzt, dass man immer wieder an die Ellenbogen des Nachbarn stößt.
Wer einen Verdauungsspaziergang hinlegt, stößt gleich hinter der kulinarischen Halle auf besagtes Metzgerviertel. In der Hauptstraße hat zwar kein Schlachter überlebt, aber das Metzger-Museum hält das Gedenken an die Gilde aufrecht. Wie ein Geheimbund hatten sich die Fleischverarbeiter im 19. Jahrhundert organisiert, damit sich ja kein Fremder reinwurschteln konnte. Die Söhne und Töchter durften nur Sprösslinge anderer Metzgerfamilien heiraten. Das Geschäft war hart, wie die groben, schweren Werkzeuge zeigen, mit denen die Männer die Tiere zerlegen mussten. Aber es war einträglich. Nur kühlen mussten die Metzger das Fleisch irgendwie, und so hatte ein schlauer Kopf unter ihnen die geniale Idee für den ersten Kühlschrank Frankreichs.
Heute steht der Holzschrank im Eingangsbereich des Museums und die Mitarbeiter demonstrieren, wie er funktionierte. Es gab schon Elektrizität und damit auch Eis zum Kühlen. Fleisch und Eis wurden hineingestopft und ein Ablauf sorgte dafür, dass die Rindersteaks nicht davonschwammen.
Rindfleisch in allen Variationen steht auch auf der Speisekarte des „Restaurant de l’Abattoir“. Ein Filetstück kann um die 35 Euro kosten, und trotzdem ist die Gaststube voll. Das Konzept von Wirt Alain Longeval geht voll auf. Er setzt nur auf höchste Qualität, sucht die Rinder schon beim Bauern aus und prüft im Schlachthof, der gleich neban ist, ob alles korrekt abläuft. Nachdem er uns ausführlich seine Qualititätsphilsophie erklärt hat, nimmt er uns die Menükarte aus der Hand, eilt davon und kommt mit einem riesigen Alutablett zurück, das er kaum tragen kann. Gut und gerne 15 Kilo rohes Rindfleisch türmen sich darauf. Er lässt uns ein Stück auswählen und beauftragt den Koch mit der Zubereitung. Das war keine Sonderbehandlung. Wer sich bei der riesigen Auswahl auf der Karte nicht entscheiden kann, kann sich vom Fleischtablett das beste Filetstück aussuchen