Dunkelbrillen: Zwanghaft gnadenlos

Folter ist ein Begriff, bei dessen Verwendung Sorgfalt geboten ist. Nämliches gilt für Körperverletzung und für den Vorwurf der seelischen Grausamkeit ebenfalls. Letztlich wird das juristisch zu bewerten sein, denn was vor anderthalb Monaten im Hamburger Schanzenviertel passierte, hätte nicht geschehen dürfen.

KOMMENTARVON SVEN-MICHAEL VEIT

Das Vorgehen der Polizei gegen die Randalierer war gnadenlos übertrieben. Allein schon die Idee, Festgenommenen zusätzlich zu Handfesseln auch noch Augenbinden anzulegen, kann nur dunkelsten Gedankengängen entsprungen sein. Zum Nachahmen taugt das Bremer Modell nicht.

Die mit der Lizenz zur Anwendung körperlicher Gewalt müssen damit äußerst behutsam umgehen. Und notfalls zur Beachtung dieser Regel gezwungen werden. Die uniformierte Staatsmacht hat besonders scharfer öffentlicher Kontrolle zu unterliegen, ihre Rechenschaftspflicht ist extrem weit auszulegen.

Polizisten, die Möchtegern-Autonomen Dunkelbrillen verpassen, und Soldaten, die in Afghanistan Totenschädel spazieren fahren, sind in letzter Konsequenz nur zwei Ausdrucksweisen derselben ethischen Fehlentwicklung: Das Nicht-Respektieren Anderer in Tateinheit mit missbräuchlicher Anwendung von Macht führt zu Menschenverachtung. Zwangsläufig.

Um nicht zwanghaft zu sagen.