: „Es geht um Wahrhaftigkeit und Toleranz“
CDU In Huchting ist Wilfried Bosse, der langjähriger Beiratssprecher der CDU, aus der Partei ausgetreten. Wieder geht der Streit um die Vorschläge aus den Stadtbezirksverbänden für die Bürgerschaftsliste
Wilfried Bosse, ex-CDU
Postengerangel ist der nahe liegende Gedanke, wenn man von den Querelen im Zusammenhang der Kandidatenaufstellung der CDU hört. Wilfried Bosse geht es um etwas anderes. „Ich bin 68 Jahre alt“, sagte er, „ich will nicht kandidieren, ich habe keine politischen Ambitionen.“ In seinem beruflichen Leben war er Bezirksleiter bei der Versicherung Winthertur, in seinem Ruhestand ist er Vorsitzender des Bürger- und Sozialzentrums Huchting. „Politik muss glaubwürdiger werden“, sagt er, und trat aus der CDU aus. Warum? „Es geht mir um Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit, Toleranz.“
Die Öffentlichkeit erfuhr davon am Montag auf der Beiratssitzung Huchting, Bosse war dort Sprecher der CDU-Fraktion. Die anderen Fraktionen bedauerten Bosses Schritt mit Worten, die Bosse rührten. Aus der CDU-Zentrale bekam Bosse, der seit 1976 der Partei angehört, einen mit Geschäftsführer-Unterschrift fotokopierten Formbrief. Kein persönliches Wort, kein Wort zu den Vorgängen in Huchting, sondern – wie es im Vordruck steht – die Ankündigung, man werde „den Stadtbezirksverband informieren“. Als ob der nicht die Ursache des Austritts gewesen wäre! „Ich setze mich da ein, wo ich gewollt bin“, sagt Bosse. In der CDU hatte er nicht mehr das Gefühl.
Was war passiert? Hans-Georg Gerling, sei 16 Jahren Abgeordneter der CDU aus Huchting, wollte aus Altersgründen ausscheiden aus der Bürgerschaft. Als er die Rolle als Huchtinger Spitzenkandidat übernommen hatte, vor 23 Jahren, da hatte er den alten CDU-Politiker Tölke Bochers gestürzt. Gerling wollte selbst dafür sorgen, dass Jüngere nachkommen, sagt er. Eine ist der Unternehmer Michael Meinke. Wichtige Kräfte in der CDU, in „seiner“ Huchtinger CDU, hatten offenbar andere Pläne. „Ich bin seit 23 Jahren Vorsitzender, da kamen plötzlich Mitglieder, die habe ich noch nie gesehen“, sagt er über die Jahreshauptversammlung in der vergangenen Woche. Auch Eike Borchers war kürzlich eingetreten, ohne sich bei ihm vorzustellen. Sie stammt aus der „Borchers-Sippe“, wie man in Huchting sagt. „Zwei Tage vor der Jahreshauptversammlung hat sie mich angerufen und gesagt, dass sie kandidieren wolle“, sagt Gerling. „Und dann aufgelegt.“ Ihre Kandidatenvorstellung soll schlecht gewesen sein. Dass sie dennoch 18 Stimmen erhalten hat, ist schon erstaunlich, aber 18 von 41 sind eben nicht die Mehrheit der anwesenden Mitglieder. „Das kann passieren in der Demokratie“, findet Geling.
Es gibt andere, die schon länger Eike Borches „kommen sehen“. Die Tochter des CDU-Ahnen hatte im Mai ein Gespräch mit dem Parteivorstandsmitglied Heiko Strohmann gehabt. Er habe viele Gespräche mit interessierten Menschen, die in der Partei mitarbeiten wollen, sagt Strohmann. Mit ihrer Kandidatur und den Huchtinger Tubulenzen habe er nichts zu tun.
Der Saal füllte sich bei der Jahreshauptversammlung mit manchem weniger bekannten Gesicht. Nach der von der Zentrale favorisierten Zählweise, nach der Wolfgang Schörs in Schwachhausen nicht die erforderliche Mehrheit für eine Empfehlung erreichte, müsste auch Elke Borchers als „nicht vorgeschlagen“ gelten. Nun will sie – wie Schrörs – vor das Parteigericht ziehen und die Satzungsfrage geklärt wissen.
Eigentlich hatte das mit Wilfried Bosse nichts zu tun. Aber der CDU-Mann hatte mitdiskutieren wollen, sich auch einmal mit der Kandidatin Eike Borchers getroffen. Und da sich manche innerhalb der CDU Parteiarbeit nur als Intrige vorstellen können, wurde er nun verdächtigt, gegen den Kandidaten des Vorsitzenden Gerling intrigiert zu haben. Harsche Worte sollen gefallen sein, einige CDU-Mitglieder hätten den Saal verlassen. Bosse hat jedenfalls das Gefühl, dass das nicht mehr seine Partei ist: „Ich muss morgens vor meinem Spiegel bestehen können. Dazu gehört Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit.“ kawe