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Archiv-Artikel

Und der Name der Band ist…

Tokio ist eine große Stadt in Japan und mit popgeschichtlicher Bedeutung schon insofern, weil sich immer wieder Bands an deren Ortsschild stellen bei der Namensgebung. So machte man das bei Tokyo Sex Destruction, die in Barcelona ihren Proberaum haben, und etwas später auch beim Tokyo Police Club, der sich 2005 in Kanada begründete. Tatsächlich klingt ein Tokio im Namen ja weltläufiger als zum Beispiel Uppsala Sex Club oder gar Ingolstadt Police Destruction, was durchaus auch Möglichkeiten gewesen wären. Aber jetzt besteht eben doch Verwechslungsgefahr, wenn beide Bands in die Stadt kommen, Tokyo Sex Destruction am Sonntag ins Comet und Tokyo Police Club am Montag ins Lido. Erstere machen einen angefunkten Garagenrock. Zweitere geben sich leichter, lockerer mit einem Indierock Richtung Pop. In dem Zusammenhang vielleicht auch von Bedeutung, dass es sich bei Plan B am Samstag im Postbahnhof um den zum Soul-Sänger gewandelten Rapper Ben Draw aus London handelt und nicht um den Stuttgarter Rapper Bartek Nikodemski, der gleichfalls als Plan B unterwegs ist.

Zeit für die Zitate: Goethe: „Gefühl ist alles. Name ist Schall und Rauch.“ Aber auch: „Nennen ist rufen. Gib ihm keinen Namen, und er ist nicht mehr.“ Paul Busson.

Ein prima Name im Pop: Die Wer? Die Wer! The Who.

Obwohl die sich vielleicht heute im Netzzeitalter anders entschieden hätten. Man kann ja mal gucken, was sich findet, wenn man „wer“ in die Suchmaske eintippt. So ein Witz wie der von The „You Know Who“ Group in den Sechzigern funktioniert eben nur visuell mit den maskierten Buben auf dem Plattencover, mit dem man dem Plattenkäufer weismachen wollte, dass es sich hier – wisper, pst – um eine der britischen Beatbands im Geheimmodus handele, die in Amerika gerade megaerfolgreich waren. Und nicht um einen amerikanischen Rip-Off, der The „You Know Who“ Group halt war. Aber ein Plattencover ist längst nicht mehr der erste Schritt zur Prominenz. Da braucht es zeitgemäßere Strategien, auch in der Namenswahl. Obwohl man sich selbst dabei immer noch ein Problem ans Bein binden kann und dennoch damit durchkommen. Ein blöd zu kommunizierender Bandname: !!! Gibt man das bei Google ein, kommt die Meldung, dass keine mit der Suchanfrage übereinstimmenden Dokumente gefunden wurden. Und als Vorschlag: „Probieren Sie andere Suchbegriffe.“ Weiter kommt man mit „chk chk chk“, was die Ausspracheregel von !!! ist, auf die man sich geeinigt hat. !!! machen eine Art Indiedancepunkfunk. Sie spielen heute im Festsaal Kreuzberg. Und tragen doch immerhin mit dem Namen ein Alleinstellungsmerkmal.

THOMAS MAUCH