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Archiv-Artikel

Gemeinsame Sache

Dokumentarfilmer attackiert Stahlwerke-Betriebsrat: Von der Interessensvertretung der ArbeiterInnen habe sich das Gremium zum Erfüllungsgehilfen des Managements gemausert

von Ralf Götze

Ein Betriebsrat vertritt die Belegschaft, so steht’s im Lexikon. Ein Betriebsrat verrät seine Belegschaft, lautet dagegen die Kernaussage des neuen Films „Stahl & Diebstahl“ zu den Massentlassungen im Bremer Stahlwerk. Vier Jahre begleitete der Delmenhorster Journalist Peter Vogel das Sparprogramm an der Bremer Arcelor-Hütte.

1.700 der 4.900 Arbeitsplätze gingen in dieser Zeit verloren. Der Betriebsrat half beim Abbau mit. Übereifrig, wie Vogel behauptet. Für das langjährige Gewerkschaftsmitglied ist die Bremer Stahlhütte ein besonders gutes Beispiel für die verstärkte Tendenz der ArbeitnehmerInnenvertretungen, sich als „Ko-Managements“ zu verstehen. Symptomatisch dafür gilt ihm die Entwicklung von Betriebsrats-Chef Michael Breidbach. Der habe, lässt Vogel wissen, sein altes DKP- gegen ein SPD-Parteibuch eingetauscht.

Um seine These zu erhärten, interviewt der Dokumentarfilmer sechs ehemalige Betriebsräte, die eine kritische Haltung zur aktuellen Mehrheitsmeinung vertreten. „Ich wollte“, so Vogel, „eine Diskussion zum gewerkschaftlichen Selbstverständnis anfachen.“ Neutralität, Ausgewogenheit ist dabei seine Sache nicht: Gerne lässt er sich scharfe Kommentare von Gesprächspartnern aufs Band sprechen, die auch persönlichen Groll gegen ehemalige Mitstreiter hegen.

Fakt ist: Ohne den Betriebsrat hätte es das harmlos als Fit-Programm bezeichnete Sparpaket nicht gegeben. Stahl ist zwar seit Jahren profitabel wie nie. Doch noch immer, so der Stahlwerke-Vorstand Hans-Jürgen Blöcker im September, baue man „nur Schulden ab“. Mit diesem Argument hatten auch die Betriebsräte die Stellenstreichungen mitgetragen. Mitunter ging die Kooperation so weit, dass der Betriebsrat die Belegschaft mit einer Imagekampagnen beschwichtigte: „Ich bin Arcelor – auch wenn es schmerzt.“ Massenentlassungen seien das geringere Übel im Vergleich zur Standortschließung. Doch diese Argument lässt Vogel nicht gelten: Dass die Konzernlenker die Schließung eines Werkes mit vollen Auftragsbüchern und hochspezialisiertem Angebot erwägen könnten, hält er für unwahrscheinlich. Starkes Indiz dafür: Für die Fusion von Arcelor und Mittal zum weltgrößten Stahlkonzern wurden Milliardensummen ausgegeben. Profitiert haben nur die Aktionäre.

„Bei dem Sparprogramm ging es lediglich um Gewinn-Optimierung“, behauptet Vogel. Dennoch hütet er sich davor, lediglich ein Pamphlet zu formulieren. Das gelingt, indem er auch differenzierte Stimmen wie die des ehemaligen Betriebrates Gerd Balko Gehör verleiht: Vor allem Vogels zweiter These, dass Sozialverträglichkeit den Protest lähme, verleiht er Gewicht.

Peter Vogel: Stahl und Diebstahl, 60 min, als DVD oder Video; Infos: www.tefo.de