: Reaktionen auf den Grünen-Parteitag
BERLIN taz | Die SPD begrüßt die Entscheidung des grünen Parteitags, eine sogenannte Bürgerversicherung einzuführen. Die CDU lehnt das Vorhaben weiter ab, hält sich aber mit Kritik zurück. Einzig Vertreter der privaten Krankenversicherer, die von einer Einbeziehung ins gesetzlichem Versicherungssystem besonders betroffen wären, reagierten mit scharfer Kritik auf den Beschluss der Grünen.
Der Gesundheitsexperte der SPD-Fraktion im Bundestag, Karl Lauterbach, sagte der taz: „Das Konzept einer Bürgerversicherung ist eine gute Basis für die Zusammenarbeit von SPD und Grünen.“ Es bringe beide Parteien „stärker zusammen“. Allerdings halte er „Das Grünen-Konzept für verbesserungswürdig“. Die SPD werde ein eigenes Konzept dazu vorlegen.
Auf ihrem Bundesparteitag in Freiburg hatten die Grünen-Delegierten am Sonntag für ein Konzept zur Finanzierung des Gesundheitssystems gestimmt. Demnach sollen die rund 9 Millionen privat Krankenversicherten nach und nach ins System der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen werden. Dabei muss jedoch der Bestandsschutz für Privatversicherte gewahrt werden. Die Grünen plädierten dafür, die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 3.750 Euro auf 5.500 Euro Bruttoeinkommen pro Monat anzuheben.
Neben Löhnen und Gehältern sollen künftig auch Gewinne, Miet- und Kapitaleinnahmen zur Berechnung dieser Einkommensgrenze herangezogen werden. Das soll nach Vorstellung der Grünen Menschen mit niedrigerem Einkommen finanziell entlasten.
Verhaltenes Lob kommt auch vom Gesundheitsexperten der CDU im Bundestag, Jens Spahn. Zwar lehnt er das Bürgerversicherungsmodell ab, „aber bei den Grünen weiß man jetzt wenigstens, was die sich konkret unter einer Bürgerversicherung vorstellen, während die SPD zwar dafür ist, deren Ausgestaltung aber bei den Sozialdemokraten bewusst im Dunkeln bleibt“.
Besonders ablehnend äußerte sich der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV): „In der Rentenversicherung haben die Grünen mit der Riesterrente die Kapitaldeckung in der Altersvorsorge gestärkt. Das war richtig“, erklärte der PKV-Direktor Volker Leienbach. „Jetzt fordern sie für die Krankenversicherung paradoxerweise eine Ausweitung des Umlageverfahrens und wollen die Kapitaldeckung der PKV abschaffen. Das ist ein absurder Salto rückwärts.“
Als „Spieleverderberpartei“ kritisierte FDP-Generalsekretär Christian Lindner die Grünen, weil diese sich gegen die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018 in München ausgesprochen haben. Mit dem Rückzug ihrer Vorsitzenden Claudia Roth aus dem Kuratorium der Bewerbergesellschaft vergäben die Grünen die Chance, ökologisch vorbildliche Spiele auszurichten. „Der Papst hat sich neuen Technologien geöffnet. Die Grünen sind wie immer gegen vieles“, sagte Lindner.
MATTHIAS LOHRE