: Stadt schrumpft Familienhilfe
ZUWENDUNGEN Hamburg plant ein kostengünstigeres Hilfesystem für Familien: Statt Einzelfallhilfen soll die stadtteilbezogene Arbeit gefördert werden
Jugendamtsleiter Uwe Riez
Der Senat plant eine radikale Kürzung der ambulanten Hilfen für Familien. Statt 77 Millionen Euro wie im laufenden Jahr werden dafür ab 2011 nur noch 15,7 Millionen veranschlagt. Im Gegenzug soll es 16 Millionen Euro für „neue Hilfen“ geben – bleibt eine Ersparnis von gut 40 Millionen Euro. Es handele sich um ein „neues Konzept“, das Familien besser helfen solle als bisher, warben Jugendamtsleiter Uwe Riez und Sozialbehörden-Staatsrätin Angelika Kempfert gestern um Verständnis.
Bisher schickten Mitarbeiter der Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) meistens den Sozialarbeiter eines Freien Trägers in die Familien, um den Hilfebedarf abzuklären. Dieser komme oft zu dem Schluss, dass eine längere Einzelbetreuung dieser Familie durch einen Sozialarbeiter nötig sei, berichtet Riez: „Weil er es nicht besser weiß.“ Eine Eins-zu-eins-Betreuung sei aber nicht immer geeignet: „Besser, die Familie kommt mal raus aus der Isolation“, so der Jugendamtsleiter.
Als Alternative will die Stadt so genannte „Sozialräumliche Angebote“ aufbauen, wie sie in einigen Stadtteilen schon ausprobiert wurden. Das können Beschäftigungsträger sein, die für ein paar Monate auffällige Schüler als Praktikanten bei sich aufnehmen, die sonst von der Schule fliegen würden. Oder Familienzentren, die Hausaufgabenhilfe oder Elternkurse anbieten.
Man habe beim Vergleich zweier Stadteile in Altona festgestellt, dass der sozialräumliche Ansatz effektiver sei, sagt Riez. „Wir bauen das jetzt richtig aus.“ Für etwa 12 Millionen Euro sollen neue Projekte geschaffen werden, bei denen mindestens zwei Einrichtungen zusammenarbeiten. Die Träger sollen Vereinbarungen mit den Bezirken schließen und auch melden, wenn keine Nachfrage besteht. Die Angebote sind auch offen für Familien, die nicht vom Jugendamt geschickt werden.
Eine neue Rolle kommt auf die Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) zu, die vier Millionen Euro für mehr Personal bekommen sollen. Sie sollen Netze knüpfen und die Projekte planen. Und künftig anstelle der freien Träger in den Familien abklären, welche Hilfe nötig ist. „Dass kann auch weiterhin eine Familienhilfe sein“, sagt Kempfert. „Die ist für bestimmte Familien wichtig.“
Das neue „Eingangsmanagement“ habe sich in Altona bereits bewährt, sagt Riez. Dort würden 70 bis 90 Prozent der neuen Fälle „in den Sozialraum gesteuert“, während dies in anderen Bezirken nicht mal bei 25 Prozent der Fälle gelinge. Ob durch diese Steuerung besagte 40 Millionen Euro gespart werden, werde sich zeigen.
Seit 2005 ist der Gesamtetat der Hilfen zu Erziehung, der auch stationäre Hilfen wie Wohngruppen umfasst, um fast 100 Millionen Euro gestiegen. Da es sich um Rechtsansprüche handelt, muss die Stadt nachträglich Geld bewilligen, wenn der Etat aufgebraucht ist. Dies gilt auch für die nun besparten ambulanten Hilfen. KAIJA KUTTER