: Pool, Steine, Scherben
Eine Schutzwand fordert ein Nachbar der Erdbeerbrücke: damit sein Garten nicht von oben beworfen wird. Der Petitionsausschuss gab ihm Recht, das Bauressort will einlenken. Der Nutzen ist unklar
von Armin Simon
„Es geht hauptsächlich um den Pool“, sagt Kurt Rasch. Um den in seinem Garten. Um die neugierigen Blicke und den Müll und den ganzen Dreck von oben. Vor allem aber um die Sicherheit.
Um die ist es rund um das Haus der Raschs nicht sonderlich gut bestellt. „Flaschen, Steine, Schrauben“, so berichtet der Fleischermeister aus Habenhausen, schlügen hier regelmäßig ein, selbst Plakatständer fielen schon vom Himmel. „Wir haben bis jetzt Glück gehabt“, sagt Rasch. Auch sein Hund konnte stets noch rechtzeitig zur Seite springen. Noch.
Quelle des Bombardements ist Rasch zufolge die Erdbeerbrücke, deren Rampe sich direkt neben seinem Garten in Richtung Weser erhebt. Schulkinder und Jugendliche machten sich einen Spaß daraus, von oben auf den Pool zu zielen, Werder-Fans entsorgten ihre Bierflaschen über das Geländer, berichtet er. Zweimal schon rief er gar die Polizei, als die Umrandung seines Pools zerbrach und sein Sonnenschirm einriss. Die Beamten nahmen den Schaden auf, die Versicherung erkannte „Vandalismus“: Schadensersatz ausgeschlossen.
Eine Wand oben an der Brücke, wie Rasch sie fordert, lehnte das Bauressort ab. Auch weil man keinen Präzedenzfall schaffen wollte. „Ein Schutz ausschließlich gegen mutwillig heruntergeworfene Gegenstände ist in Bremen auf keiner Brücke installiert“, unterstreicht Sprecher Torsten Raff. „Man weiß ja, Bremen hat kein Geld“, sagt Rasch dazu: „Aber irgendwann hört’s auf.“
Im Beirat Obervieland schaffte es die Wand immerhin auf die Wunschliste für Stadtteilverschönerungen, wenn auch nur ganz hinten. In der Baudeputation, die darüber zu entscheiden hatte, rutschte sie wieder herunter. Sie habe „keines der nötigen Kriterien erfüllt“, betont Raff.
Fleischermeister Rasch aber gab nicht auf. „Da wird sehr viel runtergeschmissen“, betont er: „Das ist uns zu heiß geworden.“ Er rief den Petitionsausschuss der Bürgerschaft zu Hilfe – und fand Unterstützung. Hunderte von Petitionen erklärt das Gremium jährlich für „nicht abhilfefähig“. Im Fall Rasch aber reisten die Abgeordneten zum Ortstermin an – und stellten sich uneingeschränkt auf seine Seite. Es gebe eine „Gefahrenlage“ sowohl für sein Grundstück als auch für den direkt am Fuß der Rampe entlangführenden Radweg, konstatierten sie. Und weil Raschs Haus schon stand, bevor die Brücke kam, sei auch kein Präzedenzfall zu erwarten.
Jetzt hat das Bauressort noch einmal gerechnet. Nicht 90.000 Euro, wie zunächst behauptet, sondern nur etwa ein Viertel so viel kostet demnach eine Aluwand; ein Drahtgeflecht, oben aufs Geländer geschraubt, ist schon für 15.000 Euro zu haben. Und die Brücke wird im nächsten Jahr sowieso generalüberholt.
Beiratssprecher Hans-Jörg Neitzel, ein Nachbar von Rasch, bezweifelt allerdings, dass eine Wand das Problem löst. Er habe „noch nie gesehen“, dass Leute Sachen von der Brücke werfen würden, beteuert er. Soll heißen: Das Gros des Mülls komme gar nicht von oben, sondern von den NutzerInnen des Rad- und Fußwegs unten. Andernfalls, argumentiert Neitzel, müsste der Weg ja voller Glasscherben sein – was aber nicht der Fall sei. Für die Jugendlichen aber, die tatsächlich Dinge von der Brücke werfen würden, sei eine Wand eher ein Ansporn. „Da macht man doch einen richtigen Sport daraus, da was drüberzuwerfen.“
Rasch teilt diese Bedenken nicht. Die Jugendlichen zielten auf den Pool, sagt er: „Wenn die den nicht mehr sehen, dann geht das nicht.“ Die Wand werde er notfalls einklagen.