: Bundeschef der Eltern tritt zurück
Deutschlands oberster Elternsprecher Steinert will Zerbrechen des Bundeselternrates verhindern. Elternvertreter der Länder im Grabenkrieg um „Schule für alle“
BERLIN taz ■ Die Eltern von Schulkindern werden auf Bundesebene zunächst keine Stimme mehr haben. Wilfried Steinert, Vorsitzender des Bundeselternrates, ist am Wochenende überraschend zurückgetreten. Steinert reagierte damit auf den Austritt der niedersächsischen Eltern aus dem Bundesverband. „An Macht- und Ränkespielen bin ich nicht interessiert“, sagte Steinert der taz, „mir ging es um eine effiziente Vertretung der Interessen von Eltern und Schülern bei den Reformen nach Pisa.“
Diese Effizienz wird Steinert vorgehalten. Niedersachsens Elternchef Heinz-Jürgen Schmieding sagte der taz, der Bundesvorsitzende habe „weitaus mehr öffentliche Präsenz entwickelt, als dies die Satzung vorsieht“. Die Spielregeln sähen vor, dass Elternvertreter in Schulen und nur auf Landesebene mitwirken. Der Bundeselternrat gilt als lose Arbeitsgemeinschaft, die nur zum Informationsaustausch da ist – zu sagen habe er streng genommen nichts, so Schmieding.
Allerdings geht es um mehr als die Kleiderordnung. „Wir können den einseitigen Kurs in Richtung Gemeinschaftsschule nicht mittragen“, sagte Schmieding. Er hat Winfried Steinert mehrfach gemahnt, die „Schule für alle“ nicht zu laut zu propagieren. „Auf dieser Skala sind wir Schritt für Schritt weiter gegangen“, sagte Schmieding der taz. Als Steinert aber vom Forum Bildung der SPD zur Mitarbeit gebeten wurde, ist den Niedersachsen die Hutschnur geplatzt. „Es kann nicht sein, dass Eltern an einer Bildungsoffensive der Sozialdemokratischen Partei mitarbeiten“, sagte Schmieding.
Im Bundeselternrat ist man empört über eine derartige Darstellung. „Ins Forum Bildung der SPD hat Wilfried Steinert der Hauptausschuss des Bundeselternrates entsandt – und da sitzen die Landesvorsitzenden drin“, sagte Antje Ziegon, die zweite Vorsitzende des Bundeselternrates. Andere Mitglieder des Bundeselternrates sind genervt von ihrer Organisation: „Da versuchen einige durch Mobbing die Reformpolitik des Bundeselternrates zu blockieren“, hieß es gestern.
Wilfried Steinert indes hat keine Lust auf solche Zänkereien. „Ich bin Leiter einer Schule mit einem hohen pädagogischen Anspruch“, sagte er gestern. Er könne es seinen Mitarbeitern nicht zumuten, dass sie ihm den Rücken freihalten – und er diese Zeit dann für formale Spiegelfechtereien vertue. Steinert, der Fernsehmechaniker und Priester war, steht zu seinen öffentlichen Äußerungen. „Wir müssen als Eltern ein Interesse haben, dass Länder wie Schleswig-Holstein und Berlin die Gemeinschaftsschule testen“, sagte er. Dabei gehe es aber nicht um die Schulform, sondern darum, wie man jedes Kind individuell optimal fördern kann. Um der Zersplitterung der Bildungspolitik entgegenzuwirken, so Steinert, brauche es die bundesweite Perspektive des Bundeselternrates.
Solche Sätze brauchen die Landesverbände freilich nicht mehr fürchten. Wenige Minuten nachdem der in interner Sitzung seinen Rücktritt verkündet hatte, jubelte bereits die Elternvertretung für Gymnasien in Niedersachsen. CHRISTIAN FÜLLER