: Die Kandidatin
WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel könnte am Montag zur ersten Intendantin des Senders gewählt werden. Eine Frau an der Spitze der größten ARD-Anstalt wäre endlich mal – eine kleine Sensation
AUS KÖLN BORIS ROSENKRANZ
Es wäre nicht das erste Mal, dass Monika Piel eine Männerbastion erobert. Im Jahr 1997 wurde sie zur WDR-Hörfunkdirektorin gewählt – als erste Frau in der Sendergeschichte überhaupt. Piel macht den Job noch heute. Fragt sich nur: Wie lange noch? Denn nachdem die 55-Jährige unlängst die Moderation des ebenfalls männerdominierten ARD-„Presseclubs“ von Fritz Pleitgen übernommen hat, könnte sie den WDR-Chef in der kommenden Woche abermals beerben.
Sie wäre dann auch die erste Intendantin in der Geschichte des WDR. Und nach Dagmar Reim vom Rundfunk Berlin-Brandenburg gerade mal die zweite in der ganzen ARD. Doch wer ist überhaupt diese Monika Piel? Ihr Äußeres, diese opernhafte Erscheinung, die hohe Stirn, das auftoupierte dunkle Haar – das kennen trotz „Presseclub“ weiter nur wenige. Denn Piel ist kein Fernsehmensch, im Gegensatz zu ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, dem Schnauzbart unter den Medienleuten, der auch für dem WDR-Posten kandidiert.
Monika Piel kennt man vor allem aus dem Radio, für das sie seit mehr als 30 Jahren tätig ist. Piel, 1951 in Bensberg bei Köln geboren, studierte erst Betriebswirtschaft, dann Orientalistik und Jura und kam bereits während ihres Studiums zum WDR. Schon 1977 assistierte sie Werner Höfer, der so etwas wie ihr erster Ziehvater wurde, beim „Internationalen Frühschoppen“. Danach berichtete sie mit dunkler, getragener Stimme unter anderem aus Bonn, wurde 1996 Programmchefin bei der Radiowelle WDR 2 und später Chefredakteurin des WDR-Hörfunks. Anders ausgedrückt: Piel ist mit dem WDR verheiratet. Auch privat. Ihr Ehemann Roger Handt moderiert auf WDR 2 Oldie-Sendungen. Gerade dies könnte sich jetzt als Hindernis erweisen.
Denn Piel hat bisher nie etwas anderes gesehen als den WDR und ist auch kaum in Erscheinung getreten – etwa mit programmatischen Reden wie man sie von Pleitgen kennt. Andererseits gilt die Mutter einer Tochter als sendertreue Frau, die andere machen lässt, ohne viel dazwischenzureden. Das schätzt man vor allem bei der WDR-Jugendwelle Eins Live, die derzeit mit Eins Live Kunst einen neuen Kultursender im Internet zu etablieren versucht – mit Piels ausdrücklicher Unterstützung.
Das Beste wäre natürlich, sie selbst zu fragen. Wie sie den WDR sieht. Was sie verändern würde als Intendantin. Und ob sie überhaupt scharf ist auf den Posten. Aber Piel redet nicht. Zumindest nicht jetzt, nicht öffentlich. Davon hat man ihr abgeraten. Vielleicht auch deshalb, weil unangenehme Geschichten angesprochen werden könnten: zum Beispiel jene, wie Piel einen kritischen Artikel über die Vergangenheit des heutigen NRW-Wirtschaftsstaatssekretärs Jens Baganz (CDU) aus dem Internetangebot des WDR löschen ließ. Baganz hatte Fehler in dem Beitrag moniert und darum gebeten, den Artikel nicht mehr zu publizieren. Beugte sich Piel also dem Wunsch eines Politikers? Sie bestreitet das. Schrieb aber in einem Brief an Baganz: „Ihrer Bitte, das Sendemanuskript aus unserem Internet-Angebot zu entfernen, sind wir in der Zwischenzeit nachgekommen.“
Eine komische Geschichte ist das, die im Rundfunkrat, der am Montag entscheidet, wer Intendant wird, nicht gerade für Begeisterung sorgt. Obwohl Piel auch anders kann: Als Lukas Podolski mit Interviewboykott drohte, weil er sich durch eine WDR-Satire verunglimpft fühlte, ließ Piel das recht kalt. Die Reihe, die den Fußballer als ziemliche Dumpfbacke darstellt, läuft weiter. Das kann Piel also auch sein: durchsetzungsfähig, erfahren.
Schon ihr prominentester Fürsprecher bezeichnete sie 1997, vor ihrer Wahl zur Hörfunkdirektorin, als „für das Amt bestens vorbereitet“ und attestierte ihr später „große Sachkunde, Elan und Souveränität“. Es handelte sich – um den Intendanten höchstselbst. Fritz Pleitgen war es auch, der sie – allerdings im Verein mit einem knappen halben Dutzend anderer Namen aus dem WDR-Management – als „intendantenfähig“ ins Spiel brachte, wenngleich Pleitgen mit Brender als Nachfolger zufriedener wäre.
Doch inzwischen mehren sich die Stimmen, die fordern, endlich solle eine Frau im Intendantensessel Platz nehmen. Andere halten die Frage dagegen, ob Monika Piel einen Fritz Pleitgen ersetzen kann. Einen Fritz Pleitgen, der nach eigenem Bekunden ja auch noch für eine weitere Amtszeit als Intendant zur Verfügung steht, falls sich der Rundfunkrat auf niemanden einigen kann.
Wie gesagt: Man hätte Monika Piel gern dazu befragt. Aber die Frau mit der dunklen, getragenen Stimme schweigt. Noch jedenfalls.