Autofreie Tage in Finkenwerder

Senat und Obstbauern einigen sich im Grundsatz auf Trasse für die Ortsumgehung entlang der Alten Süderelbe. Stadt zahlt 42 Millionen Euro. BUND kritisiert Zustände wie in „einer Bananenrepublik“

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Die Erleichterung ist groß im Senat. Wiederholt bemühte Stadtentwicklungssenator Michael Freytag (CDU) gestern seine sattsam bekannten Floskeln vom erreichten „Meilenstein“ und vom „großen Tag für Hamburg“, den es zu begehen gelte. Der Grund für seine Euphorie war eine just zuvor geschlossene Rahmenvereinbarung zwischen der Stadt und mehr als drei Dutzend Obstbauern im Süderelberaum. Diese Einigung ermöglicht nun den seit Jahrzehnten geplanten Bau einer Ortsumgehung für den vom Verkehr stark belasteten Stadtteil Finkenwerder.

42 Millionen Euro lässt der Senat sich das Geschäft nach mehr als einjährigen Verhandlungen kosten. Diese Summe soll bei den Etatberatungen der Bürgerschaft Mitte Dezember im Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre als „Süderelbe-Fonds“ ausgewiesen werden. 19,5 Millionen Euro sind für „Flächenmanagement“ vorgesehen, der Rest für begleitende „wasserwirtschaftliche Maßnahmen“.

Die Obstbauern hatten sich jahrelang geweigert, ihre Äcker für die Ortsumgehung Finkenwerder im Norden und die Moorautobahn A 26 von Stade nach Hamburg im Süden herzugeben. Im Februar hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) mehrere Klagen akzeptiert und einen Baustopp ausgesprochen.

Zuvor hatte Freytag den Eindruck erweckt, die Stadt könne notfalls durch Enteignungen in den Besitz der nötigen Flächen gelangen. Weil sie damit vor Gericht nicht durchkam, musste sie mit den Grundbesitzern in langwierige Verhandlungen treten. Er habe „gelernt“, räumte Freytag gestern ein, dass es besser sei, „mit den Betroffenen die Probleme auszuleuchten“.

Die nun getroffene Vereinbarung sieht vor, dass die Stadt 87,6 Hektar Obstäcker erhält, die für den Bau der Straße erforderlich sind. Im Gegenzug bekommen die Bauern 200 Hektar im Süderelberaum, die Kosten für Grundbuchübertragungen und für die Erschließungsmaßnahmen werden aus dem Fonds getragen. Die Einzelverhandlungen mit jedem Betroffenen sollen in sechs Monaten abgeschlossen sein. Das sei „eine überzeugende Lösung“, sagte Freytag.

Nicht ganz so optimistisch war Reinhard Quast, Sprecher der Obstbauern. Zur grundsätzlichen Einigung sei es „ein langer Weg gewesen“. Bis zur einvernehmlichen Klärung aller Einzelheiten stehe aber noch „ein steiniger Weg bevor“. Denn jeder einzelne Bauer könne die angebotene Ersatzfläche ablehnen und erneut vor Gericht gehen, sagt Klägeranwalt Michael Günther. Aber auch er sei „optimistisch“, dass die Einigung „tragfähig“ sei.

Die Ortsumgehung Finkenwerder soll den Stadtteil von täglich mehr als 20.000 PKWs und vom Schwerlastverkehr zum benachbarten Airbus-Werk entlasten. Die Trasse soll von Neuenfelde südlich der Alten Süderelbe nach Waltershof führen. Wenn die „Hausaufgaben“ erledigt seien, welche das OVG dem Senat gestellt hatte, könnte der Bau Freytag zufolge im nächsten Jahr beginnen. Die A 26-Trasse, so die Vereinbarung, soll „so weit südlich wie möglich“ verlaufen und damit möglichst wenig Obstanbauflächen verbrauchen.

Kritik an der gefundenen Einigung übt weiterhin der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Damit sei „das Vertragsniveau einer Bananenrepublik erreicht“, findet der Hamburger Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Für die A 26 durch das „Europäische Schutzgebiet Moorgürtel“ sei nämlich keine Kompensation vorgesehen. Wenn in einem Vertrag zwischen Stadt und Privatleuten Details vereinbart würden, „die in einem eigenständigen Planfeststellungsverfahren zu regeln sind“, dann stelle das „die Rechtsnormen des Bundesnaturschutzgesetzes auf den Kopf“.