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Archiv-Artikel

DIE KLEINE WORTKUNDE [anonymous]

Von CAJA

Die warn’s! Mit dem Finger zeigen Sarah Palin, PayPal, Visa und Amazon auf „Anonymous“, nachdem ihre Websites Opfer von Angriffen aus dem Internet geworden sind. Aber wer oder was ist „Anonymous“?

Aus dem Griechischen kennt man das Wort anonymos, das dort schlicht „namenlos“ bedeutete. Im Internet wird jedem Nutzer, der sich einem Server nicht näher zu erkennen gibt, der Name „Anonymous“ zugeordnet. Insofern bleiben die Schuldzuschreibungen diffus.

Zeitungen versuchen sich seit Tagen in Erklärungen der „Gruppe“, die sich da im Internet zusammengetan habe. Ohne Führung und ohne festen Zusammenhalt, fiele sie in „Schwarm-Bewegungen“ über die Websites her. Das Kopflose des Widerstands ist Programm: Es gibt keine Sprecher und keine Verantwortlichen, im Logo der „Anonymous“ steht zwar ein Anzugträger – doch im Kragen nur ein Fragezeichen.

Bei Aktionen griffen „Anonymous“-Sympathisanten bisher zur grinsenden Maske aus dem Film „V wie Vendetta“ zurück. Und Aktionen gab es vorher schon einige.

Der Protest richtete sich zuerst gegen Scientology, weil die Sekte kritische Videos von Youtube hatte entfernen lassen. Dann ging es gegen die australische Regierung, als diese Internetfilter einrichtete. Nun zielen die Proteste auf Politiker und Unternehmen, die als Wikileaks-Gegner wahrgenommen werden. Wann immer das Schlagwort „Zensur“ fällt, gerät „Anonymous“ auf den Plan.

Dabei ist der Titel des „Anonymus“ eigentlich längst vergeben. Aus der Kunstgeschichte kennen wir ihn als Schöpfer zahlloser Kunstwerke, solange deren wahre Herkunft nicht abschließend geklärt werden kann. In der Literaturgeschichte hat „Anonymus“ ebenfalls Spuren hinterlassen. Im 16. Jahrhundert trugen allerlei Pamphlete gegen Staat und Kirche seinen Namen – und auch das eine oder andere Erotikgeschichtchen.

Wer „Anonymus“ deshalb als altmodisch empfindet, dem stünden für eventuelle Internet-Aktivitäten auch zahlreiche andere Namen zur Verfügung. Das plumpe „Arno Nym“ klingt zwar lustig, aber auch irgendwie exotisch. In Amerika ist der Name „John Doe“ gebräuchlich. Für juristische Angelegenheiten, aber auch beim Militär, wenn es unbekannte Soldaten zu betrauern gilt. Die US-Armee verschickte im Irakkrieg versehentlich Briefe an Hinterbliebene mit der Anrede „Lieber John Doe“.

Das Japanische hält für solche Fälle „Nanashi No Gombe“ bereit. Wenn jemand vergisst, seinen Namen auf einen Prüfungsbogen zu schreiben, bekommt er diesen Namen, der allerdings auch auf die Dummheit des Betreffenden anspielt. In Bulgarien wird ein Namenloser „Peter Petrov“ genannt, in Holland „Piet Pietersen“. Und in Deutschland? Herr Schmidt wahrscheinlich. Aber ohne das „dt“. CAJA