: Die Konzentration im Kopf
Die FU legt ihre Bibliotheken zusammen. Jüngstes Opfer: die Philosophen. Statt im Institut müssen sie künftig in der neuen Bibliothek „Berlin Brain“ lesen. Dabei ist das Uni-Aushängeschild oft überfüllt
von Martin Kaul
„Wir unterstützen Konzentrationsprozesse.“ Das ist der entscheidende Satz, wenn es um die Zukunft der Berliner Wissenschaftslandschaft geht. Gesagt hat ihn Peter Lange. Er ist Kanzler der Freien Universität (FU). Dort steht gerade die Zukunft der Bibliotheken auf der Tagesordnung. Die Frage ist nur: Wer oder was konzentriert sich da?
Fest steht: Zahlreiche Bibliotheken werden zusammengelegt. Statt weiter an den vielen dezentralen Fachbüchereien festzuhalten, verabschiedet sich die Uni damit von ihrer traditionellen Struktur. Statt einstmals 150 Bibliotheken, vor allem an den Instituten, soll es im Rahmen einer „dezentralen Zentralisation auf mittlerer Ebene“ langfristig nur noch 20 geben, sagt Ulrich Naumann, leitender Direktor der Uni-Bibliotheken an der FU. In größeren Bibliotheken soll so Literatur thematisch zusammengeführt werden.
Exemplarisch erleben das derzeit die PhilosophInnen. Ihre Bibliothek, eigentlich das Herzstück des Instituts, soll ins Hirn: Im Keller des so genannten Berlin Brain, der hochmodernen neuen Philologischen FU-Bibliothek in der Rostlaube, ist noch Platz für diese Bestände.
Doch bei den PhilosophInnen regt sich Widerstand gegen diese Pläne. Grund dafür ist der große Andrang im neuen Aushängeschild der FU. Bereits im Sommersemester war die Philologische Bibliothek mehrfach überfüllt, die Leitung reagierte mit Zugangskontrollen. Dass sich die rund 1.500 Philosophie-Studierenden demnächst auch noch dort einreihen sollen, halten diese für wenig studienförderlich.
Dazu komme, so Philosophiestudent Mathias Bartelt, dass die Lautstärke in Großbibliotheken viel höher sei. Mit dem Interesse der „Architekturtouristen“, die den Bau von Stararchitekt Norman Foster besichtigen wollen, wachse auch die Belastung der Studierenden. Zudem könnten Bücher demnächst nicht mehr mit nach Hause genommen werden. „Wenn so die Zukunft des Lernprozesses aussieht, dann folgt dem architektonischen Repräsentationswahn zwar eine äußere, aber keine innere Wirkung mehr“, sagt Bartelt. So es darum gehe, Studierenden gute Studienbedingungen zu erhalten, müsse man auch in Kauf nehmen, dass diese etwas kosten.
Wie er haben auch 500 andere Studierende und MitarbeiterInnen am Institut einen Beschwerdebrief an den FU-Präsidenten unterzeichnet. Ihnen war mitgeteilt worden, dass der entsprechende Beschluss zur Schließung ihrer Bibliothek in den Semesterferien zwischen Institutsleitung und Dekanat gefallen war – ohne Mitsprache des Instituts- und des Fachbereichsrats. Das Fazit der gestrigen Info-Veranstaltung darüber für Mitarbeiter und Studierende war dennoch mager: schön, mal drüber geredet zu haben. Am Beschluss wird sich nichts mehr ändern. „Diejenigen, für die die Arbeitsbedingungen in der anderen Bibliothek nichts sind, müssen sich damit eben arrangieren“, sagte Widu-Wolfgang Ehlers, der Dekan des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften.
Mit dieser Maxime werden sich in Zukunft weitere Institute auseinandersetzen müssen. Ähnlich dem „Berlin Brain“ wird auch an anderer Stelle konzentriert: Für 15 kleinere Studienfächer soll 2011 eine „Bibliothek der kleinen Fächer“ eröffnet werden. Die Büchersammlungen der Sozialwissenschaften – darunter die der Politologen und Soziologen – sind schon zusammengelegt. Langfristig, so Bibliotheksleiter Neumann, dürfte das auch den großen Bibliotheken der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften blühen.