: Der kommende Aufstand
KRITIK Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, die Bundestagsfraktion: Immer mehr FDPler debattieren über Westerwelles baldige Ablösung
BERLIN taz | Erstmals fordern FDPler aus mehreren Bundesländern gleichzeitig den Rückzug ihres Parteivorsitzenden Guido Westerwelle. Die schärfste Kritik kommt aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, aber auch auf Bundesebene wird bereits ernsthaft darüber debattiert, wie Westerwelles Entmachtung vonstatten gehen könnte. Unterstützung für den Parteichef kam hingegen von zwei FDP-Ministern.
In einem offenen Brief fordern Größen der baden-württembergischen FDP Westerwelles Rücktritt noch vor der Landtagswahl am 27. März, spätestens auf dem traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart am 6. Januar. Zu den Unterzeichnern zählt der einstige Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Weng. Sie wollen, dass der Vorsitzende damit Konsequenzen zieht aus dem anhaltenden Umfragetief der FDP.
Der rheinland-pfälzische FDP-Fraktionschef Herbert Mertin kritisierte, Westerwelle sei dem Landesverband im beginnenden Wahlkampf ein „Klotz am Bein“. FDP-Sympathisanten seien enttäuscht darüber, „was er für die FDP im Bundestagswahlkampf dargestellt hat und was in den Monaten danach kam“. Mertin ist Spitzenkandidat seiner Partei und muss um deren Wiedereinzug in den Mainzer Landtag fürchten. Starker Mann des Landesverbands ist Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle.
Am Donnerstag wurde bekannt, dass 17 führende FDPler am Dienstag bereits über die Details eines Rücktritts Westerwelles debattiert hatten. Das Handelsblatt zitierte einen nicht namentlich genannten Teilnehmer des „Schaumburger Kreises“ mit dem Satz: „Die Sorge, dass der Bundestrend die Wahlkämpfer ins Bodenlose reißt, ist riesengroß.“ Zur Runde zählen Brüderle, Schatzmeister Hermann Otto Solms und Fraktionsvize Patrick Döring.
FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel forderte Westerwelles Kritiker auf zu bekennen, was ihr Ziel sei: „Es gibt zwei Dinge, die man machen kann: stützen oder stürzen.“ Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger forderte die Partei auf, die Bürger inhaltlich zu überzeugen und nicht „mit großen Personaldiskussionen öffentlich“ zu behelligen. MATTHIAS LOHRE