Container für Arme

betr.: „Sozialpolitik für Mittelschichten“, taz vom 21. 11. 06

Da es Armut in „Neusprech“ nicht mehr gibt – es heißt jetzt ja Prekariat – und auch Hunger neuerdings als „Nahrungsmittelunsicherheit“ bezeichnet wird, muss darüber nicht mehr nachgedacht, geschweige denn diskutiert werden. Wozu brauchen Habenichtse überhaupt Wohnungen? Container oder Bretterbuden erfüllen auch den Zweck. Notfalls schafft man Massenunterkünfte – in geschlossenen Schulen, ausrangierten Turnhallen – zukünftig wird es reichlich dieser heruntergekommenen Gebäude geben. Rostock plant übrigens bereits die Unterbringung mehrerer Bedarfsgemeinschaften in einer Wohnung. Ein klares Signal, wohin die Politik zielt.

Allerdings vergisst man ein zukünftiges Problem bei dem grausamen Spiel: Da geplant ist, rund 80 Prozent der Bevölkerung ins Prekariat zu verbannen, wird es kaum noch eine Mittelschicht geben. Wer soll die Wohnungen kaufen? Wer soll die Luxuswohnungen mieten? Wer kann sich dann noch privat versichern? Aber Hauptsache, der Rubel rollt in dieser Sekunde. ANNA BACHMANN, Düsseldorf