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Archiv-Artikel

Heterogene Dreierkoalition nimmt erste Hürde

KIRGISIEN Anhänger des gestürzten Präsidenten Bakijew wird, wie von der Koalition vereinbart, Parlamentspräsident

ALMATY taz | Das kirgisische Parlament hat am Freitag mit überragender Mehrheit Achmatbek Keldibekow zu seinem Vorsitzenden gewählt. Damit wird ein Abgeordneten der Ata-Jurt-Partei zum neuen starken Mann in dem zentralasiatischen Staat. Der 44-jährige frühere Parteigänger des im April gestürzten Präsidenten Kurmanbek Bakijew erhielt mit 101 Stimmen weit mehr Unterstützung als die am Vortag verkündete Dreiparteienkoalition über Sitze im 120 Abgeordneten umfassenden Parlament hat.

Der erste Versuch, eine Koalition gegen die im Süden des Landes starke Ata-Jurt-Partei zu schmieden, war Anfang Dezember gescheitert. Damit haben die Anhänger des April gestürzten autoritären Präsidenten Bakijew endgültig Revanche genommen. Knapp zehn Wochen nach den Parlamentswahlen im Oktober hatten sich am Donnerstag Ata-Jurt, Respublika und die Sozialdemokraten auf eine Koalition geeinigt. Ata-Jurt soll demnach den Parlamentsvorsitz übernehmen, der Vorsitzende der Sozialdemokraten Almasbek Atambajew den Premierminister stellen und der Parteichef von Respublika, Omurbek Babanov, dessen Stellvertreter werden.

Mit der erfolgreichen Wahl des Parlamentspräsidenten hat die Koalition die erste Hürde genommen. Der gewählte Keldibekow von der Ata-Jurt-Partei konnte sich das wichtigste Staatsamt sichern, da Kirgisien seit einem Verfassungsreferendum im Juni als erstes Land in Zentralasien eine Parlamentsdemokratie ist und die Volksvertretung die Geschicke des Landes bestimmt. Ob die Koalitionsvereinbarung auch für die Wahl des Ministerpräsidenten und der Regierung reicht, stand bis Redaktionsschluss noch nicht fest.

Die am Vortag verkündete Dreierkoalition könnte heterogener nicht sein. Die Sozialdemokraten und Respublika stammen aus den Norden, haben den Machtumsturz gegen den nach Weißrussland geflüchteten Bakijew betrieben und befürworten die Parlamentsdemokratie. Ata-Jurt dagegen hat ihre Machtbasis im Süden, beherbergt in ihren Reihen viele Unterstützer des ebenfalls aus dem Süden stammenden Bakijews und unterstützt eine präsidiale Regierungsform. Zudem gibt sich die Partei offen nationalistisch. Im Süden Kirgisiens gab es im Juni blutige Pogrome gegen die usbekische Minderheit.

MARCUS BENSMANN