Luft-Überstunden bei der Luftwaffe

BETRUG Durch Abrechnungen von fiktiven Überstunden entstand am Luftwaffen-Fliegerhorst Jagel ein Schaden von rund 81.000 Euro. Die Bundeswehr hatte die Vorgänge drei Jahre unter dem Deckel gehalten

49 Soldaten wurden degradiert. Das Verfahren gegen den Vorgesetzten läuft noch

Beim Luftwaffen-Aufklärungsgeschwader „Immelmann“ in Jagel bei Flensburg sind zwischen 2005 und 2007 systematisch nicht geleistete Überstunden abgerechnet worden. Der entstandene Schaden soll sich auf 81.000 Euro belaufen, könne allerdings auch viel höher sein, sagte ein Bundeswehr-Sprecher, da äußerst schwierig zu rekonstruieren sei, welche Überstunden tatsächlich geleistet wurden.

Bundeswehrintern war der Betrug bereits 2007 bekannt geworden, weil ein Unteroffizier sich widersetzt und die kriminellen Vorgänge einem Vorgesetzten gemeldet hatte. Drei Jahre lang hatte die Bundeswehr den Betrugsskandal vor der Öffentlichkeit verborgen. „Ich bin froh, dass es nun raus ist“, sagte Oberstleutnant Markus Werther, Pressesprecher der Luftwaffe, der taz. Ans Licht kam der Skandal durch einen Zufall: Der ehemalige Kommodore des Fliegerhorsts Jagel Karsten Stoye sagte bei der Kommandoübergabe am 13.  Dezember, er habe das Geschwader nach seinem Amtsantritt 2007 „in ruhiges Fahrwasser bringen“ müssen – unter anderem nach „einem der schwersten Betrugsfälle in der Geschichte der Bundeswehr“.

Seit 2007 wurden inzwischen 49 Soldaten degradiert und teilweise auch vom Dienst suspendiert. Das Verfahren gegen den Haupttäter, einen 51-jährigen Stabsfeldwebel, läuft noch. Der „Spieß“ ließ sich von den Soldaten die Hälfte der Überstunden-Entlohnung auf sein Privatkonto überweisen. Insgesamt soll es sich um knapp 50.000 Euro handeln. Dem vom Dienst suspendierten Flensburger droht eine mindestens vierjährige Haftstrafe.

Der Betrugsskandal wirft ein schlechtes Licht auf das vor ein paar Wochen aus Afghanistan zurückgekehrte Geschwader. Dort waren sechs Tornados seit April 2007 für die ISAF im Einsatz, wofür das Geschwader zuletzt bundesweite Anerkennung erhielt und auch von Verteidigungsminister zu Guttenberg in höchsten Tönen gelobt wurde.MORITZ ZSCHUNKE