KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

BRIGITTE WERNEBURG

Die Einladungskarte zeigt die Fotografie zweier junger Damen, die, den Kopf tief in den Nacken geworfen, bewundernd an einer monumentalen Stele hochschauen. Die Plastik stammt von Henry Moore. 1964 wurde sie in Harlow, einer nach dem New Towns Act von 1946 entwickelten Planstadt im Nordosten von London aufgestellt und nun gibt sie Scott King den Titel für seine Ausstellung bei Between Bridges: „Totem Motif“ benennt die infame Instrumentalisierung der Kunst durch Großbritanniens herrschende politische Klasse.

Henry Moore ist ihr Mann für eine banale, publikumswirksame Kunst im öffentlichen Raum, mit der noch heute Problemstädte oder -bezirke aufgehübscht werden können. Dafür hat die Politik gerne ein paar Millionen übrig – sofern sie damit Milliardeninvestitionen in neue Infrastruktur, in den Wohnungsbau, die Bildung und die Gesundheit spart.

Die Henry Moores von heute heißen Anish Kapoors oder Antony Gormley. Was ihre Riesenskulpturen touristisch für Middlesborough oder Gateshead bedeuten, sollte auch anderswo möglich sein, meint der 45-jährige King, ehemals Art Director der Zeitschrift i-D sowie Creative Director des Modemagazins Sleazenation. Deshalb fordert er mit Hilfe des Künstlers Will Henry: „Anish and Antony Take Afghanistan“. Henrys Graphic Novel von Kings fantastischer Verschwörungstheorie hat mal eine ganze andere Idee, warum das Land am Hindukusch ein so riesiges Ärgernis für David Cameron und Barack Obama ist.

1894 schon hat die Stadt Blackpool als damals noch berühmtes Seebad seine Wahrzeichen- und Touristenarchitektur bekommen: Der hochaufragende, dem Eiffelturm in Paris nachempfundene Blackpool Tower ist überall in der Stadt sichtbar. Das brachte Scott Kings auf die Idee der „Study of Blackpool Tower“, einen fotografischen Rundgang durch die Stadt, immer den Turm im Visier – und en passant auch die mittlerweile heruntergekommene, trostlose Provinzstadt. (Bis 12. 7., Mi.–Sa. 12–18 Uhr, Keithstr. 15)

Stadt ist auch das Motiv der Zeichnungen von Anna B. Wiesendanger bei Gilla Lörcher. Deutlich ist die Stadt für die Schweizer Künstlerin eine formale Herausforderung. Dabei sieht Wiesendanger die Stadt vor allem als einen Hohlraum. Brücken, Gleise, Stromleitungen überspannen und durchqueren diesen Raum, den Linien und Gitterstrukturen bilden und beherrschen. Das Großformat „340989“ zeigt den städtischen Raum dicht überlagert bis ins Interieur der Häuser hinein, wie in den Umrisslinien von Badewannen, Abflussrohren, Fernsehern etc. deutlich wird. (6. 6., Mi.–Sa. 13–18 Uhr, Pohlstr. 73)