Buchtipp

Freunde der Alleen

Vor kurzem hing an unserer Haustür ein Zettel mit kleinen Schnipseln zum Abreißen. Ein Nachbar sorgte sich um die Zierkirschen auf dem Mittelstreifen unserer Straße. Ob uns nicht auch schon aufgefallen sei, dass einige von ihnen abgesägt und nicht durch neue Bäume ersetzt worden seien? Tatsächlich hatten wir den Verlust registriert. Der gute Mensch in der Nachbarschaft ging der bisher nicht stattgefundenen Wiederaufforstung nach. Heraus kam, dass das zuständige Amt nicht daran denke: Die Bewässerung käme zu teuer. Das aber wiederum bedeutet, dass die noch verbliebenen Zierbäume im kommenden Sommer werden darben müssen.Wurde doch bisher immer ein kleiner Schlauch mit Sprenkellöchern über den gesamten Grünstreifen verlegt. Den will sich das Landschaftsamt offensichtlich jetzt sparen. Und wir, die „lieben Nachbarn“, sollten jetzt eine Brandmail an den verantwortlichen Amtsschimmel losschicken. Am liebsten würde man gleich den Bild- und Lehrband „Alleen in Deutschland“ hinterherschicken.

Zugegeben: Beim Lesen in dem großformatigen, 240-seitigen Buch fühlt man sich bisweilen sehr ans Studieren erinnert. Doch bisher gibt es kein Buch, das so umfassend und bilderreich über die mannigfaltige Bedeutung der Baumalleen und ihre Notwendigkeit in einer gewachsenen Kulturlandschaft aufklärt. Jeder erinnert sich vielleicht an die Diskussionen um den Erhalt der vielen Alleen in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung. In Westdeutschland wurden sie einst fast alle zugunsten vermeintlicher Verkehrssicherheit abgeholzt. Inzwischen bewundern alle, die in die Uckermark kommen, die verschlungenen Baumkronen der teils über Jahrhunderte gewachsenen Baumtunnel.

Längst haben sich die Alleen zu kleinen Ökotopen entwickelt. Mit ihrem Verschwinden in Westdeutschland hingegen ist das Gleichgewicht der Landschaften ins Wanken geraten. Es sind gerade diese Kapitel, die die Alleen im Licht von Umwelt- und Verkehrspolitik beschreiben und die es lesenswert machen. Dass alle Autoren umsonst an dem Band mitgearbeitet haben, zeigt umso mehr, dass es sich nicht um ein weiteres schönes, aber nicht notwendiges Auslegestück für den Kaffeetisch handelt. Vielmehr fühlen sie sich den Zielen des Vereins „Alleenschutzgemeinschaft“, der das Buch mitfinanziert hat, verpflichtet. PETRA WELZEL

„Alleen in Deutschland – Bedeutung, Pflege und Entwicklung“. Hg. v. Ingo Lehmann/Michael Rohde, 240 S., 170 farb. Abb., 29,90 €