: Miese Masche mit Handwerkern
Das Geschäft klingt verlockend: Gegen ein paar tausend Euro, versprechen selbst ernannte Vermittlungsagenturen, füllen sie die Auftragsbücher. Selbst gestandene Meister zahlen das Geld. Nur die versprochenen Aufträge wollen nicht kommen
VON CHRISTIAN HONNENS
Der selbstständige Schreinermeister aus dem Raum Köln ist sauer. 1.800 Euro hat er dafür bezahlt, dass ihn eine selbst ernannte Vermittlungsagentur mit Aufträgen versorgt. Die Agentur versprach, eine große Zahl von Bauprojekten zu vermitteln, es ginge um Einfamilienhäuser in der Region. Das einzige Bauvorhaben aber, das ihm die Firma aus Hannover jemals anbot, war gleich ein ganzer Wohnblock, für ihn allein viel zu groß. Der Schreiner fühlt sich betrogen.
Er ist da offenbar nicht alleine. Nach Angaben der Kriminalpolizei Hannover wird dort in 30 ähnlichen Fällen wegen Betruges ermittelt. Alexander Legowski vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sagt: „Dieses Phänomen hat inzwischen ein unglaubliches Ausmaß erreicht.“ Allein in der Region München zähle die dortige Handwerkskammer bis zu 20 Anfragen von besorgten Handwerkern pro Woche.
Während sich Namen und Herkunft der Firmen oft ändern, ist die Masche in den meisten Fällen gleich. Die Handwerker werden nach taz-Informationen aus Callcentern etwa in Berlin oder Wiesbaden angerufen. Die Telefonisten sagen, sie suchten Betriebe für bundesweite Bauaufträge. Im Laufe des Telefonats sollen die Mitarbeiter ihr Gegenüber dazu bringen, sich mit einem Vertreter der Vermittlungsagentur zu treffen.
Kommt das Treffen zustande, geht es um den Abschluss eines Handelsvertretervertrages. Nach einem der taz vorliegenden Vertrag verpflichten sich die Handwerker darin, für den ersten Monat der Tätigkeit „3.200 Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer“ an den Vermittler zu zahlen. Ab dem zweiten Monat soll der Handwerker zwei Prozent der abgerechneten Gesamtauftragssumme den Abzockern als Provision überweisen.
Zusätzlich sollen die Handwerker dazu bewegt werden, einen Wechsel zu unterschreiben. Damit verpflichten sie sich, auch dann zu zahlen, wenn das eigentliche Geschäft sich nicht als gerichtsfest erwiesen hat – auch ein Hinweis auf die mangelnde Seriosität des Geschäfts. Die Firma, die aus juristischen Gründen nicht genannt werden kann, bestreitet die Vorwürfe. Auch von Beschwerden will sie nichts gehört haben. Firmennahe Kreise bestätigten der taz jedoch, dass wöchentlich etwa 20 Beschwerden im Berliner Büro eingingen.
„Spätestens als ich den Wechsel unterschreiben sollte, hätte ich merken müssen, dass mit diesem Vertrag etwas nicht stimmt“, sagt der Schreiner aus der Nähe von Köln heute rückblickend. Zwar hat er den Wechsel nicht unterschrieben, trotzdem ist er die Hälfte der geforderten Summe von 3.600 Euro nun los.
Zusammen mit seiner Frau hat der 42-Jährige im Internet viele andere Betroffene gefunden. Einige hätten Schäden von bis zu 6.000 Euro erlitten. Gemeinsam wollen sie andere Handwerker nun warnen – genauso, wie es die Handwerkskammern regelmäßig tun, wenn sie von größeren Fällen mitbekommen. Ihre Tipps: Vor Vertragsunterzeichnung die kostenlose Betriebsberatung des Verbandes in Anspruch nehmen. Keinesfalls den Vertrag noch bei einem Treffen unterschreiben. Weder wenn die Mitarbeiter bei dem Treffen Druck ausüben. Und schon gar nicht, wenn gerade ganz zufällig ein großer Auftrag reingekommen ist, den die Vermittler nun gleich vermitteln könnten.