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Archiv-Artikel

„Die muss ich jetzt zum Lachen bringen“

PROFIBOX-WM Felix Sturm verliert gegen Sam Soliman seinen Mittelgewichtstitel – und bleibt gut gelaunt

KREFELD taz | Felix Sturm will nicht getröstet werden. Viermal hat er einen WM-Gürtel im Mittelgewicht gewonnen, so oft wie kein anderer deutscher Boxer. Und jetzt hat er ihn zum vierten Mal verloren. Da stellt sich wohl eine gewisse Niederlagenroutine ein. Pflichtherausforderer Sam Soliman war klar besser. Darüber sind sich in der Nacht zum Sonntag im Krefelder Königpalast alle einig. Der Australier streckt nach dem letzten Gong jubelnd eine Faust in die Luft. Felix Sturm nickt. Das Publikum schweigt. Einstimmiges Urteil der Kampfrichter: 117:111, 118:110, 118:110 für den neuen IBF-Weltmeister Sam Soliman.

Vor gut einem Jahr standen sich Sturm und Soliman schon einmal im Ring gegenüber, auch damals war der Australier deutlich aktiver und gewann nach Punkten. Nach einem positiven Dopingtest an Soliman wurde das Kampfergebnis jedoch annulliert, und Sturm bekam zehn Monate später seine vierte WM-Chance. Soliman wurde für neun Monate gesperrt und beteuert bis heute, „niemals betrogen“ und „niemals Drogen angerührt“ zu haben.

Diesmal bewegte sich der 40-jährige Australier, als steckten unter seiner Haut nicht Knochen und Muskeln, sondern lauter kleine Gummikügelchen. Sturm fand gegen dieses unorthodoxe Geschlenker und Gehaue zu keiner Zeit ein Mittel. Seine Linke kam kaum bis gar nicht. Seine Rechte, in ständiger Bereitschaft, fand nie ein Ziel. Dazu geriet der 35-jährige Leverkusener immer wieder in einen kraftraubenden Klammergriff Solimans.

Nach seinen vorzeitigen Siegen gegen Predrag Radosevic und Darren Barker 2013 war Sturm sicher, zu seinen alten Stärken zurückgefunden zu haben: technische Finesse, Beweglichkeit, Schnelligkeit, absolute Fitness. In Krefeld allerdings waren in erster Linie seine alten Schwächen zu sehen: Untätigkeit im Schlaghagel eines aktiveren Gegners. Das unsinnige Hoffen darauf, dass dessen Fitness irgendwann bröckelt. Das noch unsinnigere Hoffen darauf, irgendwo aus dem Boxnirwana eine krachende Rechte zaubern und einen weiteren K.-o.-Sieg feiern zu können.

„Wir waren uns zu sicher, dass wir das Ding nach Hause bringen“, sagt Sturms Trainer Fritz Sdunek im Anschluss. Dazu noch ein Lob für das gegnerische Lager: „Von Soliman war das eine taktische Meisterleistung. Das ist Boxen.“

Von einem Drama will Sturm nichts wissen. Jetzt freue er sich auf „viele schöne Sachen im Leben“. Darunter die „allerschönste, meine Familie, mein Sohn“. Hängende Köpfe will Surm in seinem Team nicht sehen. „Die muss ich jetzt erst mal wieder zum Lachen bringen. Rumknatschen und rumheulen, das ist nicht meine Art, das habe ich vor ein paar Jahren gemacht.“

Ob er weiter boxen wird? „Selbstverständlich, was ist das denn für eine Frage?“ Er habe alles gegeben, sagt Sturm. Soliman sei heute besser gewesen. Aber: „Ich bin überzeugt davon, dass ich dafür geboren bin, zu kämpfen.“ SUSANNE ROHLFING