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Archiv-Artikel

Klappern für die Karriere

COACHING Wer sich beruflich verändern will oder innerhalb seines Job gegen verschlossene Türen rennt, kann sich der Hilfe professioneller Coaches bedienen. An fachlichen Defiziten liegt es in der Regel nicht, dass die Karriereleiter versperrt ist

VON VOLKER ENGELS

An Frauen, die in Führungspositionen gelangen wollen, wendet sich ein Angebot von Kobra, einem Projekt des Berliner Frauenbund 1945 e. V. – „Von der Mit-Arbeiterin zur Gestalterin“ lautet das Motto: „Grundsätzlich sind die Coachings offen für alle Frauen, viele Teilnehmerinnen arbeiten aber im Dienstleistungssektor“, sagt Projektleiterin Hildegard Schicke. Finanziert wird Kobra unter anderem von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen.

„Im Coachinggespräch unterstützen wir Frauen dabei, den ersten Schritt selbst zu tun und nicht darauf zu warten, dass ihnen Vorgesetzte den Weg auf der Karriereleiter ebnen“, sagt die promovierte Erwachsenenbildnerin und Beraterin. Viele Frauen müssten lernen, „Einfluss auch ausüben zu wollen“. Dazu gehöre auch, die eigenen Erfolge klar zu benennen: „Klappern gehört zum Geschäft.“

Das Thema „Netzwerke“ spielt in der Beratung ebenfalls eine wichtige Rolle. Frauen seien gerade im familiären Bereich hervorragende Netzwerkerinnen. „Im beruflichen Kontext ist aber auch enorm wichtig, relevante Akteure zu identifizieren und Netzwerke als Instrumente der Karriereplanung zu begreifen“, so Schicke.

Wer in seinem Job weiterkommen will oder sich auf eine neue Position bewerben möchte, kann die Dienste von Martin Hertkorn in Anspruch nehmen. Der Berliner Coach bietet in seinem Institut unter anderem Karrierecoaching an. Für arbeitssuchende Akademiker oder Führungskräfte hat er ein mehrmonatiges Angebot im Programm, das auch über einen Bildungsgutschein finanziert werden kann.

In seine Beratungen kommen Menschen, die sich mit sehr unterschiedlichen beruflichen Herausforderungen konfrontiert sehen: „Vom Arzt, der von Burnout-Symptomen geplagt wird, bis zur Führungskraft, dessen Vorgesetzter permanent ohne Rücksprache Entscheidungen korrigiert.“ Aber auch Menschen, die sich beruflich neu orientieren wollen, nehmen seine Dienste in Anspruch.

„An fachlichem Wissen scheitern die wenigsten Menschen in ihrem Job, meistens geht es darum, die eigenen Kompetenzen auch glaubhaft zu vermitteln“, hat der promovierte Soziologe beobachtet. Die Leistung sei da, „sie muss aber auch auf die Straße gebracht werden“. Es gehe darum, persönliche Stärken und Kompetenzen sichtbar zu machen und innere Barrieren zu beseitigen. Auch wer beruflich schon gescheitert sei, könne „daraus eine Menge für einen neuen Job lernen“.

Ein zentraler Aspekt beim Coaching sei der Perspektivenwechsel: „Ich muss meine festgelegte Rolle wechseln können und auch einmal die Sicht meines Gegenübers einnehmen.“ Bei dieser Reflexion spiele der biografische Hintergrund eine wichtige Rolle. „Durch die familiäre Prägung, die bis in die Kindheit zurückreicht, sind bestimmte Werte ausgeprägter als andere.“ Diese Prägung wirkt sich bis ins Heute aus. „Es ist spannend zu beobachten, dass 80 Prozent aller Führungskräfte Erstgeborene sind.“ Und genau dieses Wissen um die eigene Prägung sei wichtig, um das eigene Verhalten verstehen, aber auch verändern zu können.

Selbst entscheiden!

Ratschläge, sagt Hertkorn, gebe er als Coach nicht. „Ich stelle die Methoden und das Know-how zur Verfügung, um weitere Handlungsoptionen zu erarbeiten.“ Mögliche Lösungswege aufzuzeigen sei die Aufgabe eines Coachs. In welche Richtung er läuft, muss der Klient selbst entscheiden. Immerhin bekommt er dafür Methoden zur Entscheidungsfindung zur Verfügung gestellt.

Bundesweit, schätzt die Stiftung Warentest, gibt es rund 8.000 Coaches, die auf berufliche Fragestellungen spezialisiert sind. Weil der Begriff „Coaching“ nicht geschützt ist, ist es gar nicht so einfach, einen fachlich versierten Anbieter zu finden. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, haben die Warentester in einem Artikel die Branche ausgeleuchtet. Ein Fazit: einen guten Startpunkt für die Suche nach einem geeigneten Coach bieten die über 20 Verbände und Netzwerke für Coaches mit ihren Datenbanken. Wer dort gelistet ist, unterliegt den Qualitätskriterien des jeweiligen Verbandes. Dass vermindert zumindest das Risiko, an einen unseriösen Anbieter zu geraten.

www.test.de/coach.finden (kostenpflichtig)