Langes Ringen findet ein Ende

Mit Osnabrück unterzeichnet die letzte städtische Bühne im Land die Theaterzielvereinbarungen des niedersächsischen Kulturministers. Die deckeln den Etat – und bieten im Gegenzug Planungssicherheit und neue Fördermöglichkeiten. Die SPD kritisiert daran „Konzeptlosigkeit“

„Die Vereinbarung ist zum dritten Mal nachgebessert worden“, sagt der Intendant des Osnabrücker Theaters, Holger Schultze. „Und jetzt werden wir sie unterzeichnen.“ Damit wäre das lange Ringen um die so genannten Theaterzielvereinbarungen in Niedersachsen beendet, denn die anderen Bühnen haben bereits zugestimmt. Einem Kompromiss, über den der Sprecher des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, Thomas Reiter, sagt: „Ihm wohnt, wie jedem Kompromiss, inne, dass niemand richtig zufrieden ist.“

Unstrittig ist eigentlich nur dies: Gewonnen wird durch die Vereinbarung erstmals eine – bundesweit beispielhafte – Planungssicherheit von fünf Jahren für die niedersächsischen städtischen Bühnen. Der Preis hierfür ist die Deckelung der bisherigen Zuschüsse – auch wenn das Ministerium keinen inhaltlichen Zusammenhang herstellen will. Damit werden künftige Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst nicht übernommen.

Zugleich ist ein neues Fördermodell ersonnen worden, das insbesondere das Kinder- und Jugendtheater stützen soll. Für jeden Euro, den eine städtische Bühne für diese Sparte einwirbt, will die Landesregierung einen hinzufügen. Obergrenze ist dabei eine Förderung von 75.000 Euro. Bei eigenständig eingeworbenen Geldern für andere Bereiche will Niedersachsen ein Drittel der Summe beisteuern, Obergrenze sind hier 50.000 Euro.

Theater mit einer ausgeprägten Kinder- und Jugendsparte wie das Osnabrücker werden von dieser Regelung profitieren. Doch sein Intendant Holger Schultze gibt zu bedenken, dass es derlei Häuser, „vorsichtig gesagt, nicht so viele“ im Land gebe. Auch der Sprecher der Landesbühne Nord, Torben Schumacher, zeigt sich eher verhalten gegenüber den neuen Fördermöglichkeiten. „Wir haben ein sehr reges Kinder- und Jugendtheater“, sagt er. „Aber bislang keine großen Spenden dafür.“ Angesichts der zwischenzeitlich angedrohten Einsparungen sei das Verhandlungsergebnis „nicht toll, aber für uns tragbar“. Betriebsbedingte Kündigungen seien jetzt ausgeschlossen.

Angesichts der Deckelung der Mittel durch die Landesregierung ist der Landesbühne Nord der „Zweckverband“ beigesprungen. Am Gesamtbudget trägt dieser Zusammenschluss der Landkreise und Kommunen, in denen das Theater Spielorte hat, derzeit rund 15 Prozent. Etwa 30 Prozent bringt die Landesbühne auf, den Löwenanteil trägt das Land mit 55 Prozent.

Dass eben diese Leistung freiwillig sei, wird der Sprecher der Kulturministeriums zu betonen nicht müde. Die Kritik der kulturpolitischen Sprecherin der SPD-Opposition, Christina Bührmann, die Vereinbarung sei „konzeptlos, weil sie nicht die individuelle Situation der einzelnen Theater“ berücksichtigte, weist er zurück: „Wir haben mit jedem Theater einzeln gesprochen.“

Ebenfalls in dem Kompromiss enthalten sind drei Zielvereinbarungen, in denen sich die Theater zur Kooperation mit anderen Bühnen, zur Förderung von Kindern und Jugendlichen sowie der Einbeziehung von Ehrenamtlichen verpflichten. Theatern, die dem nicht nachkommen, drohen Etatkürzungen von bis zu zehn Prozent. Für Osnabrücks Intendanten Holger Schultze ein alter Hut: „Das sind alles Sachen, die wir seit Jahren machen.“ Um das eigentliche Problem, den Umgang mit den Tarifstrukturen, drückten sich die Politiker. „Sie schieben es auf die einzelnen Intendanten.“ Einig ist Schultze sich darin mit der SPD, deren Vorstellungen allerdings wenig konkret sind: „Ich würde nicht so weit gehen, dass die Erhöhungen von der Landesregierung 100-prozentig übernommen werden müssen“, sagt Christina Bührmann. „Aber ich hätte neue Verhandlungen dazu sehr begrüßt.“FRIEDERIKE GRÄFF