: Jobs nur für Deutsche
Geduldete Flüchtlinge in NRW könnten es besonders schwer haben ein Bleiberecht zu bekommen. Flüchtlingsberater kritisieren, Arbeitsagenturen würden Jobs weiterhin zuerst an Deutsche vergeben
VON MORITZ SCHRÖDER
Ob geduldete Flüchtlinge in NRW demnächst ein Bleiberecht bekommen, hängt vor allem vom Wohlwollen der Arbeitsagentur ab. Denn auch wenn sie einen Job finden, können die Arbeitsämter erst einmal prüfen, ob sich für die Arbeit nicht auch ein deutscher oder EU-Arbeitsloser findet. „NRW ist damit restriktives Schlusslicht bei der Auslegung des Bleiberechtsbeschlusses der Innenminister“, kritisiert Volker Maria Hügel von der Flüchtlingshilfe Münster den am Dienstag in Kraft getretenen Erlass aus NRW.
Die Innenminister der Länder hatten am 17. November eine Bleiberechtsregelung für geduldete Flüchtlinge beschlossen. Demnach sollen nur diejenigen, die sich ohne staatliches Geld finanzieren können, ein Bleiberecht bekommen. Allerdings durften die wenigsten Flüchtlinge bislang arbeiten und sind darum auf Sozialhilfe angewiesen. Daher haben ihnen die Minister eine Art Gnadenfrist gegeben: Wer bis September kommenden Jahres eine Arbeit findet, soll in Deutschland bleiben dürfen. Weitere Bedingung: Familien müssen mindestens sechs Jahre ununterbrochen in Deutschland gelebt haben, Alleinstehende sogar acht Jahre. Allein das schließt mehr als die Hälfte der über 60.000 in NRW lebenden geduldeten Flüchtlinge vom neuen Bleiberecht aus.
NRW mache es den Flüchtlingen aber besonders schwer, kritisiert Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat. Andere Bundesländer wie Rheinland-Pfalz haben die so genannte Vorrangprüfung – die nach dem Motto funktioniert: Arbeit zuerst für deutsche Staatsbürger – bereits gekippt. „Die haben sich eine globale Zustimmung ihrer Regionalagentur für Arbeit eingeholt, dass sie auf diese Prüfung verzichten“, so Prölß. Dass dies in NRW nicht passiert ist, ist für ihn ein „erheblicher Nachteil“ für die Flüchtlinge.
Werner Marquis von der Regionaldirektion NRW der Arbeitsagentur hält die Kritik für unberechtigt: „Die Vorrangprüfung gilt zurzeit nicht.“ Ob das auch in Zukunft so bleibt, kläre sich aber erst morgen, wenn die Agentur mit dem Ministerium über die langfristigen Regelungen verhandeln will.
Hügel von der Flüchtlingshilfe Münster fürchtet allerdings, dass die Ausländerbehörden in Zukunft in Absprache mit den Arbeitsagenturen selbst entscheiden, wann eine Arbeitserlaubnis vergeben wird – anders als etwa in Saarland, Rheinland-Pfalz und Berlin, wo klar sei, dass die Agenturen eine Arbeitserlaubnis erteilen müssen. Zudem bezweifelt er, dass viele Flüchtlinge überhaupt einen Job in dieser Zeit finden. Denn nach wie vor gilt, dass sie sich nur in einer bestimmten Region aufhalten und dort nach Arbeit suchen können. „Die Frist bis September 2007 ist daher viel zu kurz“, sagt Hügel.
Dietrich Eckeberg vom Diakonischen Werk Westfalen vermisst ebenfalls Erleichterungen für Geduldete auf Arbeitssuche. Auch wenn sie eine Stelle fänden, könnten sie ihren Lebensunterhalt oft nicht komplett damit finanzieren. Der NRW-Erlass verlangt aber, dass sie ohne Arbeitslosengeld auskommen müssen für ein langfristiges Bleiberecht.
Laut dem Innenministerium gehören solche Unklarheiten zum Programm: „Wir wollten erstmal den Erlass machen“, so Dagmar Pelzer, Sprecherin von Innenminister Ingo Wolf (FDP). Für die morgigen Verhandlungen verspricht Pelzer: „Unser Ziel ist eine möglichst einfache Regelung.“ Dazu gehöre auch, dass die Vorrangregelung wegfalle.