LESERINNENBRIEFE
:

Mehr direkte Demokratie

■ betr.: „Die Rückkehr der Bürger in die Politik“, taz vom 5. 1. 11

Zu Ihrem im Artikel gewählten Beispiel möchte ich als Mitbegründerin der BI „Bäume am Landwehrkanal“ auf Folgendes hinweisen: Das Mediationsverfahren „Zukunft Landwehrkanal“ gibt es nur wegen des öffentlichkeitswirksamen, ausdauernden Protests, den die BI 2007 gegen die unnötigen Baumfällungen an der Bundeswasserstraße Landwehrkanal organisiert hatte. Alles, was im Mediationsverfahren seit drei Jahren verhandelt wird, ist leider nicht rechtsverbindlich. Ob also die 4.500 Bäume am Landwehrkanal in einigen Jahren noch stehen, ist ungewiss! Das Bundesverkehrsministerium (BMVBS) entscheidet letztlich über die Finanzierung und die Art der Sanierung der Bundeswasserstraße Landwehrkanal. Die BI „Bäume am Landwehrkanal“ hat deshalb von Anfang an gefordert, dass eine zuständige, befugte Person vom BMVBS am Mediationsverfahren teilnimmt. Leider bisher ohne Erfolg. Wenn man nicht genug erreicht, hilft nur das, was die „Mediaspree versenken“-Bürgerinitiative in Berlin gemacht hat: die Rückkehr zum Protest auf der Straße.

Ohne die Einführung von mehr direkter Demokratie besteht die Gefahr, dass die „Rückkehr der BürgerInnen in die Politik“ am Ende meist wirkungslos verpufft. Deshalb müssen z. B. Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene in Berlin rechtsverbindlich werden. Dann wäre das Investorenprojekt Mediaspree – gegen das die Mehrheit bei einem Bürgerentscheid in Friedrichshain-Kreuzberg gestimmt hatte –, zumindest in einem Bezirk bereits endgültig erledigt.

ANNUSCHKA GUTTZEIT, Berlin

Gründe für ein taz-Abo

■ betr.: „Ausgehen und rumstehen“, taz vom 11. 1. 11

Vielen Dank dafür, dass Christiane Rösinger uns in der taz endlich wieder mal mit ihren Gedanken zum Berliner Nachtleben erfreute. Seit ich mir ihr aktuelles Album gekauft habe, bin ich sozusagen ehrenamtliche Rösinger-Promoterin und habe die CD auch schon einige Male verschenkt. Leider ist das Album viel zu kurz, deshalb kannte gestern meine Begeisterung keine Grenzen, endlich neue Welt-Einsichten aus Rösingers Feder zu lesen. Neben Frau Bollwahn und Frau Zylka für mich ein unbedingter Grund für ein taz-Abo! Die Texte dieser drei Damen würde ich auch lesen, wenn sie von mathematischen Formeln zur Berechnung der Erdachsenverschiebung handeln würden. KRISTIN SCHÖNFELDER, Berlin

Ein Kunstgeschöpf

■ betr.: „Zu Hause ist es am schönsten“, taz vom 15. 1. 11

Ulrich Gutmair schlüpft in den vermeintlichen Durchschnittsleser Walter. Diesen gibt es aber gar nicht, denn er ist lediglich ein Kunstgeschöpf, das aus einer falschen Rezeption einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) entsteht. Während die Studie lediglich darüber Auskunft gibt, wie sich die Käufer von Thilo Sarrazin vom Durchschnitt der deutschen Wohnbevölkerung ab 10 Jahren unterscheiden, wird dagegen bei Gutmair ein typischer Leser von Sarrazin. Das Kunstprodukt des Sarrazin-Käufers wird erst dann zu einem Wesen aus Fleisch und Blut, wenn die Antworten zum Lebensstil nach Altersgruppen und Schulbildung differenziert werden. Dies ist in der veröffentlichten Studie leider nicht geschehen, obwohl es die Daten hergeben würden. Gutmairs typischer Leser ist dagegen das Produkt einer Fehlinterpretation. BERND KITTLAUS, Heidelberg