: Schreckliches Bild vom anderen
FALL YAGMUR Im Prozess um verstorbene Dreijährige zeigen die angeklagten Eltern erstmals Emotionen
Im Prozess um den Tod der dreijährigen Yagmur aus Hamburg haben sich die angeklagten Eltern gegenseitig beschuldigt. Als die Richter am Hamburger Landgericht gestern Protokolle von früheren Vernehmungen der Eheleute sowie Briefe verlasen, brach die 27 Jahre alte Mutter in Tränen aus. Der Vater konnte seinen Ärger über ältere Aussagen seiner Frau gegenüber dem Haftrichter nur mühsam unterdrücken.
Es war das erste Mal, dass die Zuhörer in dem Prozess Einblick in die unterschiedlichen Darstellungen der Eheleute bekamen, denn bislang schwiegen beide vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft der Mutter Mord aus Hass auf ihre Tochter vor. Der Vater soll tatenlos mitangesehen haben, wie seine Frau die Dreijährige immer wieder misshandelte. Anfangs hatte dagegen zunächst der Ehemann als Hauptverdächtiger gegolten.
Yagmur war im Dezember 2013 in Folge eines Leberrisses gestorben. Sie lebte erst seit wenigen Monaten bei ihren Eltern, zuvor war sie bei einer Pflegemutter und in einem Kinderschutzhaus untergebracht. Ein Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft will derzeit klären, warum das Jugendamt den Eltern das Kind zurückgab, als bereits Misshandlungsvorwürfe erhoben worden waren.
Bei Befragungen nach der Festnahme zeichneten die Beschuldigten ein schreckliches Bild vom jeweils anderen. „Er schlug mich, schubste mich gegen die Wand, wenn er getrunken hatte“, berichtete die Mutter damals. Als sie 2010 mit Yagmur schwanger war, habe sie das lange verheimlicht. Ihr Mann habe die Tochter immer wieder misshandelt. Mehrmals äußerte der Vater gestern Unmut über diese Schilderungen. Als „psychisch krank“ hatte er bei einer Vernehmung im Februar seine Frau bezeichnet.
Der Prozess wird morgen fortgesetzt. (dpa)