: Endlich ein Friedensplan
UKRAINE Vorschlag von Präsident Poroschenko: Feuerpause, damit Separatisten ihre Waffen abgeben und russische Söldner abziehen
BERLIN/KIEW taz/rtr/afp/dpa | Noch gibt es keinen genauen Zeitpunkt, wann im Osten der Ukraine die Waffen schweigen könnten. Aber offenbar hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko einen detaillierten Friedensplan erarbeitet. Zu dem 14 Punkte umfassenden Plan gehöre ein einseitiger Waffenstillstand der Regierungstruppen, sagte Poroschenko gestern vor Studenten der Militärakademie in Kiew. „Unmittelbar danach benötigen wir Unterstützung für den Friedensplan von allen Beteiligten.“
Verteidigungsminister Michail Kowal sagte, „in den nächsten Tagen“ könne das Feuer eingestellt werden. Ein Friedensplan Poroschenkos sehe eine „sehr kurze“ Feuerpause vor, in der die bewaffneten Separatisten ihre Waffen abgeben und russische Söldner das Land verlassen können. Poroschenko versprach den Aufständischen, die keine schweren Verbrechen begangen haben und die bereit sind, ihre Waffen niederzulegen, eine Amnestie. Er schlug außerdem vor, einen Korridor für die russischen Söldner zu schaffen, damit sie die Ukraine mitsamt ihren Waffen verlassen können.
„Nicht um jeden Preis“
Der Präsident gab zu, dass der Plan auch ein großes Risiko berge, da „Verbrecher sich den Waffenstillstand zunutze machen könnten“. Poroschenko fügte hinzu: „Es ist ein Krieg neuen Typs – unter Ausnutzung professioneller Sabotagetrupps sowie der Bevölkerung und von Freiwilligen, die mit Propaganda einer Gehirnwäsche unterzogen wurden.“ Nach monatelangen blutigen Kämpfen und Hunderten Todesopfern brauche die Ukraine dringend Frieden. „Aber es darf kein Frieden um jeden Preis sein, sondern ein stabiler Frieden zum Schutz unserer Bürger.“
Poroschenko hatte in der Nacht zuvor mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kremlchef Wladimir Putin telefoniert. Russland hatte zuletzt immer wieder mit Nachdruck die Beendigung des Militäreinsatzes in der Ostukraine gefordert, damit ein Dialog beginnen könne. Poroschenko hatte bereits kurz nach Amtsantritt am 7. Juni eine Waffenruhe angekündigt.
Unterdessen explodierte Dienstagnacht in dem ostukrainischen Gebiet Poltawa eine Gastransitleitung. Zwei Tage zuvor hatte Russland erklärt, es werde der Ukraine wegen eines Zahlungsrückstands Gas künftig nur noch gegen Vorkasse liefern. Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow ging von einem Terroranschlag aus. Experten äußerten daran Zweifel: „Seit zwei Jahren machen wir auf den technisch erbärmlichen Zustand dieser Pipeline aufmerksam“, sagte der Verwaltungschef der Region Poltawa, Wiktor Bugaitschuk. Statt Teile auszutauschen, habe der ukrainische Versorger Naftogaz die Leitung stets nur notdürftig repariert.
In dem Gespräch Poroschenkos mit Putin ging es nach russischen Angaben auch um den Tod zweier russischer Journalisten in der Ostukraine. Poroschenko habe sein Beileid ausgedrückt und zugesichert, dass der Fall untersucht werde. Die Mitarbeiter eines staatlichen russischen TV-Senders waren bei Kämpfen zwischen Soldaten und prorussischen Separatisten nahe der Stadt Luhansk getötet worden.
Nachdem der amtierende ukrainische Außenminister Andrej Deschtschiza am Wochenende in die Kritik geraten war, wird er jetzt ausgewechselt. Poroschenko nominierte den Diplomaten Pawlo Klimkin, bislang Botschafter in Berlin, für das Amt des Außenministers. Deschtschiza hatte Putin nach dem Abschuss eines ukrainischen Militärtransportflugzeugs, bei dem 49 Menschen umkamen, als „Scheißkerl“ bezeichnet. LJU
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