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Archiv-Artikel

Aigner: Kriminelle Energie am Werk

REGIERUNGSERKLÄRUNG Die Agrarministerin verteidigt ihr Krisenmanagement im Dioxinskandal

BERLIN reuters/dpa/taz | Bundesagrarministerin Ilse Aigner hat im Bundestag ihr Krisenmanagement im Dioxinskandal gegen heftige Kritik der Opposition verteidigt. Von Anfang an habe sie die Lage ernst genommen und dabei Sicherheit und Gründlichkeit vor Schnelligkeit walten lassen, sagte die CSU-Politikerin am Mittwoch in einer Regierungserklärung.

So habe sie einen Krisenstab und ein Bürgertelefon eingerichtet, sich mit der EU abgestimmt und sich um die internationalen Märkte gekümmert. Parallel habe sie an Konsequenzen gearbeitet, damit sich ein solcher Fall nicht wiederhole. „Das ist ein solides Vorgehen und das Gegenteil von blindem Aktionismus“, sagte Aigner. Zuvor hatte das Kabinett Aigners Aktionsplan gebilligt, mit dem sie die Sicherheit in der Lebensmittelwirtschaft verbessern will (siehe Spalte).

In dem Betrieb, von dem die Dioxinbelastung in Futter- und Lebensmitteln ausgegangen sei, seien völlig unverantwortlich technische Fette für die Industrie dem Tierfutter beigemischt worden, erläuterte die Ministerin. Dies sei ein echter Skandal. Auch wenn nach Angaben des Ministeriums in Kiel keine Hinweise dafür vorlägen, dass es diese Machenschaften schon vor März vergangenen Jahres gegeben habe, gelte gleichwohl: „Aus meiner Sicht besteht Grund zur Annahme, dass wir es mit einem hohen Maß an krimineller Energie zu tun haben.“ Die Täter seien „skrupellos“ vorgegangen, ein vorsätzliches Handeln sei anzunehmen.

Agrarwende abgelehnt

Die Opposition warf Aigner schwere Fehler vor. „Sie erhöhen mit Ihrer Politik das Risiko für Lebensmittelskandale“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Bärbel Höhn. „Die ganze Welt soll mit deutschem Schweinefleisch beglückt werden.“ Damit wachse der Preisdruck, weil Futter der höchste Kostenfaktor sei. Linksfraktionsvize Dietmar Bartsch warf Aigner Zögerlichkeit vor. „Auch Ihr Agieren hat das Vertrauen in sichere Lebensmittel erschüttert“, sagte er. Der stellvertretende SPD-Fraktionvositzende Ulrich Kelber forderte einen Schutz für Informanten bei Verstößen, was die CDU ablehnte. Der SPD-Agrarpolitiker Wilhelm Priesmeier kritisierte, Aigner habe mangelhafte Kommunikation nach außen betrieben.

Die Opposition und mehrere Bioverbände forderten eine neue Agrarpolitik hin zum Ökolandbau. Aigner kündigte nur an, dass die regionale Vermarktung der Bauern gestärkt werde. Niedersachsens neuer Agrarminister Gert Lindemann (CDU) lehnte eine Agrarwende ab. Die Ursache des Skandals seien keine Systemfehler oder falsche Strukturen, sondern kriminelles Handeln. Der Deutsche Bauernverband forderte eine Entschädigungsregelung für den Fall, dass Futtermittel verseucht wird. „Wir wollen einen Rettungsschirm für die gesamte Branche“, sagte Verbandspräsident Gerd Sonnleitner. In den Fonds sollten die Futtermittelhersteller einzahlen.